Erfurt. Den großen Gewerkschaften des DGB sind sie seit Langem ein Dorn im Auge: die viel kleineren Konkurrenten des Christlichen Gewerkschaftsbundes CGB. Nun musste das Bundesarbeitsgericht in Erfurt einmal mehr entscheiden, ob die nach eigenem Verständnis "christlichen" Arbeitnehmervertreter überhaupt Tarifverträge abschließen können. Konkret ging es um die "Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen".

Das Ergebnis: Dieser Zusammenschluss mehrerer kleiner Arbeitnehmerorganisationen ist "nicht tariffähig". Sie ist keine Gewerkschaft und darf mit Zeitarbeitsunternehmen nicht über Löhne verhandeln.

Die Folgen dieses Urteils sind erheblich. Sofort werden Tarifverträge mit geschätzt 1500 Unternehmen der Zeitarbeitsbranche null und nichtig. Mehr als 200 000 Leiharbeiter, für die diese Verträge gelten, stehen nun ohne Tarifvertrag da. Für sie ist das positiv, denn sie können nun mehr Geld bekommen. Grund ist das Gebot des "equal pay", das seit 2004 gilt. Danach müssen Leiharbeiter wie die Stammbelegschaft bezahlt werden, wenn es keinen Tarifvertrag gibt.

Auf die Unternehmen dagegen kommen Hunderte Millionen, wenn nicht gar einige Milliarden Euro an zusätzlichen Kosten zu. Sie müssen künftig höhere Löhne zahlen. Mehr noch: Möglicherweise werden auch bisher nicht gezahlte Sozialabgaben fällig. Darüber aber hat das Gericht noch nicht entschieden. Die DGB-Gewerkschaften kündigten dazu Musterklagen an.

Fachleute gehen davon aus, dass Sozialbeiträge der vergangenen vier Jahre eingefordert werden können. Dies würde den Zeitarbeitsfirmen Kosten von zwei Milliarden Euro verursachen. Der Anwalt des betroffenen Arbeitgeberverbands warnte schon während der Gerichtsverhandlung vor einer Pleitewelle in der Zeitarbeitsbranche.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, die zusammen mit dem Land Berlin geklagt hatte, begrüßte das Urteil. Dagegen schloss der Anwalt der Tarifgemeinschaft einen Gang vor das Bundesverfassungsgericht gestern nicht aus.