Haushalte im Osten haben im Schnitt 25 Prozent weniger Geld netto zur Verfügung als im Westen Deutschlands

Berlin. Max und Monika Mustermann verfügen jeden Monat über ein Bruttoeinkommen von 3707 Euro. Damit entspricht ihr Haushalt dem deutschen Durchschnitt, den das Statistische Bundesamt in einer Einkommens- und Verbrauchsstichprobe für das Jahr 2008 ermittelt hat. In der Realität leben viele Deutsche allerdings ganz anders als Familie Mustermann, die nur den statistischen Mittelwert darstellt. "Hinter diesem Durchschnittseinkommen verbirgt sich eine breite Streuung", sagt Peter Weigl, Vizepräsident des Statistischen Bundesamts. So haben 20 Prozent aller Haushalte weniger als 1500 Euro brutto zur Verfügung, 24 Prozent haben hingegen mehr als 5000 Euro.

Als wichtigste Einnahmequelle der deutschen Haushalte nannte Weigl mit einem Anteil von 62 Prozent Einkünfte aus selbstständiger und angestellter Tätigkeit. Ganze 23 Prozent erhielt der Durchschnittshaushalt durch öffentliche Transferleistungen wie Rente, Kindergeld, Arbeitslosengeld. Einnahmen aus Vermögen, Geldgeschenke oder Vermietungen trugen zu 15 Prozent der Bruttoeinkommen bei.

In Ostdeutschland leben mehr Menschen von staatlichen Hilfen

Für die Stichprobe haben 60 000 Haushalte ein Vierteljahr lang ein Haushaltsbuch über alle Einnahmen und Ausgaben geführt. "Die Angaben vermitteln ein repräsentatives Bild der Einkommenssituation, des Lebensstandards und des Konsumverhaltens der privaten Haushalte in Deutschland", sagte Weigl. All diese Punkte unterscheiden sich nicht nur stark je nach Alter und Familienstand, sondern auch nach dem Wohnort. Denn auch zwei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung macht es auf dem Konto einen gewaltigen Unterschied, ob der Lebensmittelpunkt in Ost- oder Westdeutschland liegt.

So hat sich die Einkommensschere zwischen Ost und West wieder geöffnet: Während die Haushalte 2008 im früheren Bundesgebiet nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben 3056 Euro ausgeben konnten, musste sich eine Familie in den neuen Bundesländern im Schnitt mit 2292 Euro begnügen. Das Haushaltseinkommen im Osten betrug demnach nur 75 Prozent des Westniveaus - im Jahr 2003 waren es noch 77,5 Prozent gewesen. "Die Nettoeinkommen der Westhaushalte sind seit 2003 um mehr als drei Prozent gestiegen, in den neuen Ländern stagnierten sie insgesamt", sagte Statistiker Weigl. Nach Einschätzung von Silvia Stiller, Ökonomin beim Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut, gibt es bei der Lohnentwicklung in Ostdeutschland eine starke Polarisierung: "Einige Regionen befinden sich aufgrund demografischer Veränderungen in einer Abwärtsspirale, während in Städten wie Dresden oder Leipzig die Löhne steigen."

Der Anteil von Rente, Kindergeld oder Arbeitslosengeld betrug in ostdeutschen Haushalten in den neuen Ländern 29 Prozent am Gesamteinkommen, in Westdeutschland lag er bei 22 Prozent. An Steuern und Sozialabgaben zahlten westdeutsche Haushalte im Schnitt 843 Euro, in den neuen Ländern waren es nur 576 Euro. Insgesamt lag der Abgabenanteil am Bruttoeinkommen 2008 mit 21,4 Prozent zwei Prozentpunkte höher als 1993.

Deutliche Unterschiede zeigen sich auch bei der Herkunft des Einkommens je nach Zusammensetzung des Haushalts. Während drei von vier Paaren mit Kindern ihr Geld mit eigener Arbeit verdienten, taten das nur gut die Hälfte aller Alleinlebenden und Paare ohne Kind. "Bei den Paarhaushalten mit Kind sind die Eltern fast ausnahmslos im erwerbsfähigen Alter, meist gehen ein oder beide Elternteile einer Erwerbstätigkeit nach", erklärte Statistiker Weigl. Viele Menschen ohne Kind seien im Rentenalter und bestreiten ihren Lebensunterhalt demnach zum Großteil aus Renten und Pensionen.

Alleinerziehende telefonieren mehr und gehen seltener essen

Unbequemer ist die Lage von Alleinerziehenden. Sie sind dem Statistischen Bundesamt zufolge überwiegend im Erwerbsalter, mehr als 28 Prozent waren allerdings arbeitslos und leben von staatlichen Hilfen. "Das hat zur Folge, dass Alleinerziehende im Vergleich aller Haushaltstypen den weitaus größten Anteil ihrer verfügbaren Mittel für Konsumzwecke ausgeben - nämlich 88 Prozent", sagt Weigl. Davon machen die Ausgaben fürs Wohnen allein 37 Prozent aus. Bei Paaren mit Kindern waren es nur 30 Prozent. Auch die Ausstattungsrate mit Handys und die Ausgaben für Mobilfunk waren bei Alleinerziehenden besonders hoch. Bei Restaurant- und Hotelbesuchen lagen sie hingegen zurück: Sie gaben mit 3,3 Prozent ihrer Konsumausgaben für solche Annehmlichkeiten am wenigsten aus, während Paare ohne Kinder 5,8 Prozent investierten.