Kartellamt genehmigt Übernahme von 41 Stationen. Kampf um Kunden wird härter

Hamburg. Der deutsche Tankstellenmarkt kommt in Bewegung. Nachdem den fünf größten Unternehmen Aral, Shell, Esso, Jet und Total in der jüngsten Vergangenheit aus Wettbewerbsgründen die Übernahme weiterer Stationen untersagt worden war, darf Shell jetzt ein Paket von 41 Tankstellen kaufen. Das entschied das Bundeskartellamt am Freitag. Im Detail handelt es sich um Anlagen, die den Edeka-Töchtern Marktkauf und Mios gehören. Mit der Übernahme betreibt das Unternehmen bundesweit 2226 Tankstellen und rückt damit näher an den deutschen Marktführer Aral (2413).

In der Vergangenheit waren die Wettbewerbshüter kritisch gegenüber Übernahmeplänen der großen Markentankstellen, weil Aral, Shell, Jet, Esso und Total den Markt bereits jetzt als Oligopol beherrschen. Mit dieser Begründung hatte das Amt 2009 dem Ölmulti Total die Übernahme von 59 Stationen der Gesellschaft OMV in Ostdeutschland untersagt. Umso überraschender ist, dass Shell das Bundeskartellamt überzeugen konnte.

"Uns geht es nicht um die Anzahl der Tankstellen, sondern darum, dass sich unser Geschäft auch rechnet", sagte Jörg Wienke, Tankstellenchef von Shell für Deutschland, Österreich und die Schweiz, dem Abendblatt. Shell trennt sich zwar jedes Jahr im Schnitt von 20 bis 25 Betrieben, die den Rentabilitätsvorstellungen des Unternehmens nicht entsprechen. Gleichzeitig werde die gleiche Anzahl von Stationen aber neu eröffnet oder ins Shell-Netz aufgenommen. "Wir werden die neuen Stationen jetzt zügig umflaggen und modernisieren."

Wienke hält sein Investment schon deshalb für aussichtsreich, weil Tankstellen neben Supermärkten eine hohe Kundenfrequenz versprechen. Um diesen Trend zu unterstützen, plant er, den Kunden bei Vorzeigen ihres Kassenbons von Marktkauf und Mios einen Rabatt auf den Benzinpreis zu geben. Preisnachlässe oder Geschenke sind seit Jahren bereits das große Thema der Mineralölkonzerne. Shell, Esso und Co. haben zum Beispiel Kundenkarten, mit denen Autofahrer bei jedem Tankgang Punkte sammeln und diese dann in eine Prämie umwandeln können. Aral hat das gleiche System mit der an zahlreichen Verkaufsstellen gültigen Payback-Karte. Beim Kampf um die Kunden geht Shell noch einen Schritt weiter. Das Unternehmen hat seit 2006 mit dem Automobilklub ADAC eine enge Kooperation. Jedes Mitglied erhält entweder einen Sofortrabatt von einem Cent pro getanktem Liter oder doppelte Punkte beim Shell-Bonusprogram.

Wachstum ist in der Branche wegen des stetig leicht sinkenden Mineralölabsatzes nur auf Kosten der Wettbewerber möglich. Wohl auch deshalb hat Shell seit dem vergangenen März auch mit der Postbank eine Kooperation vereinbart. Jeder Kunde erhält einen Cent Rabatt, falls er die Tankrechnung mit seiner Girocard bezahlt.

Geht es nach Günter Hörmann, dem Chef der Verbraucherzentrale Hamburg, sollten die Kunden nicht allzu sehr auf Prämien und andere Aktionen schauen. "Sinnvoller ist es, beim Tanken die Preise zu vergleichen", sagte er dem Abendblatt. Schließlich gebe es auch Anbieter wie Jet, HEM oder freie Tankstellen, die traditionell beim Preis rund einen Cent günstiger sind als die großen Markentankstellen.

Shell hat mit der Postbank und dem Geldautomatenhersteller WincorNixdorf zudem aus Sicherheitsgründen ein integriertes Kassensystem entwickelt. Dort können Kunden nicht nur - wie an anderen Automaten - Geld abheben. Der Tankstellenbetreiber kann auch den Automaten mit dem Geld befüllen, dass er von den Kunden erhalten hat. "Damit haben wir kein Bargeld in der Kasse", sagt Wienke. Seit der neuen Technik, mit der bereits 1200 Stationen ausgerüstet sind, gebe es weniger Raubüberfälle. "2009 hatten wir um die 100 Überfälle. Diese Zahl hat sich nun halbiert", so Wienke. Der Tankstellenchef will weitere Stationen mit den neuen Automaten bestücken. Auch das Shopgeschäft, bei dem Shell ebenfalls nach Aral die Nummer zwei am Markt ist, wird weiter ausgebaut. Für die Pächter sei dieser Bereich immens wichtig geworden. Schon zwei Drittel des Gewinns erwirtschafte ein Tankstellenbetreiber mit Snacks und Getränken.