Wegen der Bedrohung der Bestände rät Greenpeace vom Verzehr vieler Speisefische ab

Hamburg. Die Einkaufsmacht der Verbraucher soll bedrohte Fischbestände schützen: Greenpeace fordert von Handel und Kunden, bei ihren Kaufentscheidungen Art, Fanggebiet und Fangmethode zu berücksichtigen. Die beliebten Weihnachtskarpfen und auch Forellen können bedenkenlos verzehrt werden, sagte Greenpeace-Expertin Iris Menn bei der Vorstellung des neuen Einkaufsratgebers Speisefische gestern in Hamburg.

Kabeljau, Hering und Lachs empfiehlt die Meeresbiologin dagegen nur eingeschränkt. Aal und Rotbarsch gehörten gar nicht mehr auf den Teller. "Verbraucher und Lebensmitteleinzelhandel haben es derzeit in der Hand, ob die Meere leer gefischt werden." Die umweltbewusste Nachfrage der Verbraucher werde mit jeder politischen Fehlentscheidung zu Fangquoten wichtiger, argumentierte Menn.

So seien gerade wieder Fangquoten für den stark überfischten Blauflossenthunfisch vergeben worden. Am Montag habe die EU zudem Fangquoten für Tiefseefische wie Granatbarsch oder Blauleng beschlossen, obwohl auch deren Bestände überfischt seien. Greenpeace fordert, die Überkapazitäten der EU-Fischereiflotte um 50 Prozent abzubauen.

In der aktuellen fünften Auflage des Einkaufsratgebers änderte Greenpeace unter anderem die Bewertung für Pangasius, der nur noch als eingeschränkt empfehlenswert genannt wird. Auch die Umweltstiftung WWF hatte Ende Oktober den in Deutschland inzwischen sehr beliebten Fisch aus Südostasien negativ beurteilt, weil er zumeist unter umweltschädlichen Bedingungen gezüchtet werde.

Selbst vom Hauptbestandteil des deutschen Fischstäbchens, dem Alaskaseelachs, rät Greenpeace ab. "Die Bestände sind nicht so groß, wie sie sein sollten", sagt Meeresbiologin Menn. Der Fisch sei zudem wichtig für die Ernährung der Seelöwen, denen durch die intensive Fischerei nun ihre Hauptnahrungsquelle fehle.

Der Alaskaseelachs ist der beliebteste deutsche Speisefisch, gefolgt von Hering und Lachs. Insgesamt verzehrt jeder Deutsche statistisch 15,7 Kilogramm Fisch im Jahr. Häufigste Einkaufsform ist Tiefkühlfisch mit 34 Prozent Anteil, gefolgt von Dosen und Marinaden mit 26 Prozent. Frischer Fisch macht nur neun Prozent aus.

Scharfe Kritik an der Greenpeace-Veröffentlichung kam vom Bundesverband der deutschen Fischindustrie und des Fischgroßhandels. "Der aktuelle Zustand wesentlicher Fischbestände wird durch diesen Einkaufsratgeber verzerrt dargestellt", sagte Geschäftsführer Matthias Keller. Dies gelte etwa für Kabeljau und Dorsch. Bei zahlreichen Fischen fehle außerdem der Hinweis auf zertifizierte Fischereien und das Siegel des MSC (Marine Stewardship Council), das für eine nachhaltige Fischerei steht.