Internetriese soll seine Marktmacht missbraucht haben. Konzern weist Vorwürfe zurück

Hamburg. Der Internetgigant Google ist ins Visier der europäischen Wettbewerbshüter geraten. Weil sich mehrere Konkurrenten über die marktbeherrschende Stellung des US-Konzerns beschwerten, hat die EU-Kommission nun ein formelles Verfahren gegen den Suchmaschinenbetreiber eingeleitet. Im Kern der Ermittlungen geht es darum, ob Google Rivalen benachteiligt und seine eigenen Dienste bei der Onlinesuche prominenter platziert hat. Zudem prüft die Kommission Vorwürfe, wonach Google Werbepartner möglicherweise daran gehindert hat, mit Google konkurrierende Werbung auf ihren Seiten zu schalten.

Wie schnell ein Anbieter gefunden wird, entscheidet über den Erfolg

Der IT-Riese ist führend bei Suchanfragen im Internet und kommt weltweit auf einen Marktanteil von rund 85 Prozent. Wie schnell ein Unternehmen bei Google gefunden wird, entscheidet daher nicht selten über den wirtschaftlichen Erfolg des jeweiligen Anbieters. Wie diese Auswahl geschieht und welche Kriterien der Internetkonzern dabei anlegt, wird nun erstmals ausführlich unter die Lupe genommen. Sollte die Kommission zu dem Ergebnis gelangen, dass Google seine Marktposition tatsächlich missbraucht hat, droht dem Unternehmen eine Geldbuße, die zehn Prozent seines Umsatzes ausmacht. Gemessen an den Erträgen im vergangenen Jahr könnte sich die Strafe auf 2,4 Milliarden Dollar (1,8 Milliarden Euro) belaufen.

Insgesamt liegen den Wettbewerbshütern drei Beschwerden von Google-Konkurrenten vor, die sich benachteiligt sehen. So wurden Anfang Februar die britische Preisvergleichswebsite Foundem, die Justizsuchmaschine Ejustice.fr und das zu Microsoft gehörende deutsche Verbraucherportal Ciao vorstellig. Ciao hatte zuvor auch bereits beim Bundeskartellamt Beschwerde eingereicht.

Die Vorwürfe betreffen drei Punkte: Erstens geht es um die Platzierung von Suchergebnissen der Konkurrenz. Wer beispielsweise Preise für eine Kamera mit Google vergleichen will, landet nach Einschätzung der Wettbewerber zunächst bei einem entsprechenden Angebot des Suchmaschinenbetreibers selbst, das sich Google Products nennt. Die Ergebnisse anderer Preisvergleichsseiten würden erst nachrangig angezeigt.

Zweitens werfen die Wettbewerber Google vor, die Preise für sogenannte Textanzeigen in die Höhe getrieben zu haben. Das sind die Werbeanzeigen, die Google neben Suchergebnissen in Kurztexten anzeigt. So können Firmen ihre eigene Anzeige für die Verkopplung mit einem bestimmten Suchwort vorschlagen. Die Werbung einer Autofirma kann so bei Eingabe des Suchworts Autokauf auftauchen. Die Kommission prüft nun, ob Google die Zahl der Klicks auf Textanzeigen manipuliert hat, um den Preis für die Werbung zu erhöhen. Und drittens untersuchen die Brüsseler Wettbewerbshüter, ob Google Werbepartner daran gehindert hat, auf ihren Webseiten Werbung von Konkurrenten zu schalten.

Die Kommission betonte ausdrücklich, dass Google derzeit noch keine Verstöße gegen das europäische Wettbewerbsrecht nachgewiesen werden könnten. Der Fall habe aber nun Vorrang. "Eine Frist für das Verfahren gibt es nicht, es wird aber mindestens einige Monate dauern", sagte eine Sprecherin von EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia. Die USA, wo ein ähnliches Verfahren gegen Google laufe, seien informiert worden.

Google sieht Microsoft als Strippenzieher hinter den Klagen

Google wies die Vorwürfe zurück, kündigte aber an, mit den Wettbewerbshütern zu kooperieren. "Wir werden eng mit der EU-Kommission zusammenarbeiten, um etwaige Bedenken auszuräumen", sagte Sprecher Kay Overbeck. Generell durchsuche Google das Web im Interesse von Nutzern und nicht von Websites. Dem britischen Anbieter Foundem sei nur deshalb eine niedrige Relevanz zugewiesen worden, weil die Seite "defekte Links und durcheinandergeratene Texte" enthalten habe. Der französische Anbieter Ejustice erhebe zwar den Anspruch, ein spezialisierter juristischer Recherchedienst zu sein. Die Seite beinhalte aber Hunderte von "unnützen" Verknüpfungen inklusive Links zu Babymöbeln und Gartengeräten.

Am härtesten ging Overbeck mit Ciao von Konkurrent Microsoft ins Gericht. "Diese Beschwerde ist Teil der weitergehenden Bemühungen von Microsoft, Google mit einer Vielzahl an Gerichtsverfahren in den USA und Europa zu überziehen", so der Sprecher.