Alexander Laue, der Sohn von Firmenchef Björn Laue, ist gerade beim Ahrensburger Ketchup-Hersteller eingestiegen. Ein Werksbesuch.

Ahrensburg. Der Duft von Pfeffer kitzelt in der Nase. Wie eine hauchdünne Staubschicht bedeckt das frisch gemahlene Gewürz die Maschinen, den Boden, die prallen Papiersäcke mit Muskat, Chili oder Koriander. Murat Kücük stört es nicht. Der Chemiefachangestellte arbeitet seit zwölf Jahren im Hela-Gewürzwerk in Ahrensburg. Kücük wirft einen Blick auf die Zutatenliste und schleppt einen Sack mit Paprikagranulat zum Gewürzmischer. Er schneidet ihn mit dem Messer auf und schüttet den braunroten Inhalt in den Trichter der Maschine.

An der kräftigen Farbe kann Kücük ablesen, dass das Wochenende nicht mehr fern ist: Montags, nach einer gründlichen Reinigung, arbeitet er zuerst mit weißen Gewürzen, fabriziert Mischungen mit Salz, Zucker oder Zitronenzusätzen. In der Mitte der Woche folgen grünliche Varianten mit Kräutern, am Donnerstag und Freitag dann Kreationen mit Paprika, Chili und Pfeffer. Feiner Staub wirbelt auf, Murat Kücük muss sich ein Niesen verkneifen.

Der Pfeffergeruch ist für Alexander Laue der Duft seiner Kindheit. Als er geboren wurde, hatte sein Vater Björn Laue das Hela-Gewürzwerk gerade von seinen Vorfahren übernommen. Abends schnupperten die Kinder an seinem Anzug und versuchten zu raten: Pfeffer? Knoblauch? Oder Curry? Inzwischen ist Alexander Laue, 26, nach seinem Universitätsabschluss selbst in das Familienunternehmen eingestiegen. Seit Oktober arbeitet der älteste Sohn des Chefs an internationalen Projekten bei Hela mit.

"Ich möchte das Unternehmen in Familienhand halten", sagt Inhaber und Geschäftsführer Björn Laue, 58. Das ist Tradition, seit sein Großvater Hermann Laue (kurz: "Hela") im Jahr 1905 im Hamburger Schanzenviertel den Handel mit Gewürzen begann. Björn Laue, ein gut gelaunter, stämmiger Hanseat mit blauen Augen, hat für sein Ziel gründlich vorgesorgt: Seine vier Kinder, zwei Söhne und zwei Töchter zwischen 23 und 26 Jahren, haben alle Interesse am Geschäft mit Gewürzen. Sie werden eine Firma erben, die weltweit 560 Mitarbeiter beschäftigt und Werke in Europa, Asien, Australien und Amerika betreibt. Die mit Gewürzmischungen und Ketchup jährlich mehr als 150 Millionen Euro umsetzt und von Jahr zu Jahr zwischen drei und fünf Prozent wächst. Die in Deutschland und Holland Marktführer im Segment Ketchup ist und mehr als jede zweite Flasche Gewürzketchup produziert, die im Einzelhandel verkauft wird.

Was darin ist, hat Faouzi Toumi garantiert beobachtet. Er sitzt in der Steuerzentrale des Hela-Gewürzwerks und hat auf mehreren Computerbildschirmen den Überblick über jede Maschine in der Produktion. Er sieht, welche Mengen Tomatenmark in den übermannshohen Silos mit Wasser, Öl und Gewürzen vermischt werden. Welche Hitze im Sterilisationsraum herrscht, wo der Ketchup auf mehr als 100 Grad erhitzt wird. Wie viele Flaschen über die Laufbänder in der Produktion laufen und von Maschinen mit stählernen Greifarmen befüllt, verschlossen und verpackt werden.

180 Flaschen Ketchup spucken die vier Produktionslinien pro Minute unter rhythmischem Stampfen aus, ein voll automatisierter Ablauf. "Mit dem Computer können wir die Prozesse auch nach Jahren noch nachvollziehen, zum Beispiel bei Reklamationen", erklärt Betriebsleiter Andreas Deppe. Dass Beschwerden nur äußerst selten auftreten, sei der strengen Qualitätskontrolle geschuldet: Ein Dutzend Labortechniker ist jeden Tag damit beschäftigt, Proben von allen Rohstoffen und fertigen Produkten auszuwerten. Ein weiteres Team entwickelt in der Versuchsküche neue Geschmacksrichtungen und Produktideen. Wie etwa Fischmarinaden und Kräuter für Käseproduzenten, die seit einigen Jahren erfolgreich am Markt sind.

90 Millionen Euro hat Björn Laue in das Werk gesteckt, seit die Firma 1989 aus der Schanze in eine frühere Tabakfabrik am Stadtrand von Ahrensburg umzog. "Wir stecken den Gewinn immer wieder ins Unternehmen", sagt der Hela-Chef. Seine Marke ist beim Endverbraucher zwar vor allem durch die 25 unterschiedlichen Ketchup-Sorten bekannt. Die rote Soße macht aber nur ein Drittel der Firmenumsätze aus. Den Großteil bringen die Gewürzmischungen, die Hela für Schlachter, Gastronomie, Fluggesellschaften und Zulieferer von weltbekannten Lebensmittelkonzernen produziert. "Bei den meisten Produkten sieht man nicht, dass Hela drinsteckt", sagt Björn Laue. "Zum Teil werden die Rezepte speziell nach Kundenwunsch angefertigt." So verkauft Hela fast 4000 unterschiedliche Gewürzmischungen. Darin sind jeweils zwischen drei und 30 verschiedene Rohstoffe verarbeitet, von Pfeffer und Salz über Majoran, Petersilie, Schnittlauch und Curry bis zu Ingwer.

Für Murat Kücük und seine Kollegen in der Mischabteilung bedeutet das deutlich mehr aufwendige Handarbeit als für die Mitarbeiter der Ketchupproduktion, wo tage- oder wochenweise dieselbe Sorte über die Laufbänder rollt. Denn: "Eine vollständige Automatisierung würde sich bei den Gewürzen nicht lohnen", sagt Betriebsleiter Andreas Deppe. "Dazu sind die Mengen, die wir anfertigen, zu gering und saisonal zu unterschiedlich."

Möglicherweise bringt die nächste Generation der Laues eine Lösung dafür mit. Der jüngste Sohn studiert passenderweise Produktionsmanagement, die Schwestern internationale Betriebswirtschaftslehre. Auch Alexander Laue will das Geschäft noch weiter internationalisieren, hat auch deshalb gerade einen Master in den Niederlanden absolviert. Ein paar Jahre Einarbeitungszeit gesteht sein Vater dem Nachwuchs aber noch zu. "Ich kann mir vorstellen, im üblichen Rentenalter auszusteigen - je nachdem, wie gut sich meine Kinder machen", sagt Björn Laue trocken. Dann will er reisen, endlich ohne Geschäftstermine und Hektik. Zum Beispiel dahin, wo der Pfeffer wächst, von dem er jedes Jahr 1000 Tonnen für die Familienfirma importiert.