Branche liegt dank guter Onlinegeschäfte auf Wachstumskurs

München. Zehn Jahre lang war in Deutschland mit klassischen Spielwaren nicht mehr viel Staat zu machen. Dann kam das Krisenjahr 2009 und eine überraschende, auch aktuell nicht abreißende Wende. "Wir haben einen Lauf", stellt Willy Fischel klar. Für das laufende Jahr müsse man die Prognosen noch mal höher schrauben, sagt der Geschäftsführer des Bundesverbands der Spielwareneinzelhändler (BVS). Bisher vorausgesagte drei Prozent mehr seien schon sicher und alles deute nach einem stark angelaufenen Weihnachtsgeschäft nun auf ein etwa fünfprozentiges Plus mit mehr als 2,5 Milliarden Euro Handelsumsatz hin. Das wären mehr als die vier Prozent Zuwachs 2009. Spielwaren würden damit auch gut dreimal so kräftig zulegen, wie der heimische Handel allgemein erwartet.

Experten der auf die Spielzeugbranche spezialisierten Markforschungsgruppe Eurotoys führen das vor allem auf Onlinekäufe zurück, die lange nur als Gefahr für den stationären Handel gesehen wurden. "Das Internet erweitert den Markt und lockt neue Kunden", stellt ein Marktforscher klar. Viele Menschen hätten eine tief sitzende Scheu, in Spielwarenläden zu gehen. Am Computer sei das anders. 15 Prozent aller Spielwaren werden mittlerweile online gekauft. Vor fünf Jahren waren es noch unter fünf Prozent.

Der Markt für Videospiele ist gesättigt und verliert an Absatz

Traditionellem Spielzeug kommt aber auch eine Schwächephase der lange boomenden Videospiele zugute. Um vier Prozent sank der Absatz damit hierzulande zum Halbjahr. Händler klagen über fehlende Zugpferde, eine Marktsättigung und darüber, dass elektronische Spiele mittlerweile billig aus dem Internet heruntergeladen und dann auf einem iPhone oder andere modernen Mobiltelefonen gespielt werden. "Wer keine 150 Euro für eine neue Konsole ausgibt, hat das Geld für klassische Spielwaren zur Verfügung", sagt ein Eurotoys-Marktforscher. Auf diese Weise hätten Lego, Playmobil und Co. ältere Zielgruppen zurückgewonnen. Mit "älter" meint er aber nicht Erwachsene, sondern Achtjährige, die schon einmal an elektronisches Spielzeug verloren waren.

Pro Kind geben die Eltern immer mehr Geld aus

Die Konjunkturkrone der Branche setzen sich dieses Jahr Brettspiele für Kinder auf, betont die Fachgruppe Spiel, eine Vereinigung von Herstellern. 15 Prozent mehr Kinderspiele seien dieses Jahr bislang über die Tresen gegangen, bei Gesellschaftsspielen allgemein immerhin noch elf Prozent mehr. Es sei ein wahrer Rausch. Fischel kann das für das Weihnachtsgeschäft bestätigen. Er hat noch eine andere Erklärung dafür, warum das Geschäft anschwillt, obwohl die Kernzielgruppe wegen sinkender Geburtenrate immer kleiner wird. "Pro Kind wird immer mehr ausgegeben, sie werden zu Prinzessinnen und Prinzen", beschreibt der Handelschef seine Endabnehmer. Und am 24. Dezember sei noch lange nicht Schluss.

Auch für 2011 rechnet die Branche mit einer Fortsetzung des Kaufrauschs im Kinderzimmer. Die hohe Nachfrage dürfte es den Herstellern auch erleichtern, die bereits angekündigten Preiserhöhungen durchzusetzen. Mehr als die Hälfte des Spielzeugs wird in China hergestellt und dort wurden dieses Jahr die Löhne um gut ein Fünftel erhöht, erklärt der Spielwarenindustrieverband DVSI. Auch Rohstoffe und der Transport hätten sich mittlerweile rasant verteuert.