Sparprogramm und höhere Frachtraten treiben Ergebnis. Beratungen über künftige Eignerstruktur

Hamburg. Deutschlands führende Linienreederei Hapag-Lloyd hat in den ersten neun Monaten dieses Jahres das beste Ergebnis der Unternehmensgeschichte erwirtschaftet. Noch im vergangenen Jahr galt das Schifffahrtsunternehmen als schwerer Sanierungsfall. Gestern legte die Hamburger Albert Ballin Holding, das Mutterunternehmen von Hapag-Lloyd, für das dritte Quartal einen Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 263,6 Millionen Euro vor. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres war ein Minus von 184,5 Millionen Euro aufgelaufen. Für die ersten drei Quartale bilanziert die Reederei 506 Millionen Euro operativen Gewinn. In den ersten neun Monaten 2009 standen 300 Millionen Euro Verlust.

Wie praktisch die gesamte Branche hatte auch Hapag-Lloyd schwer unter der Weltwirtschaftskrise und der Stagnation des Welthandels gelitten. Die Eigentümer mussten im vergangenen Jahr 900 Millionen Euro Eigenkapital nachschießen. Zudem erhielt die Reederei staatlich verbürgte Kreditzusagen über insgesamt 1,2 Milliarden Euro. Die Staatsbürgerschaft hat Hapag-Lloyd nicht in Anspruch genommen und mittlerweile zurückgegeben.

Das Rekordergebnis "resultiert aus deutlich über dem Vorjahr liegenden Frachtraten, höheren Transportvolumina und erheblichen Kosteneinsparungen", sagte Hapag-Lloyd-Chef Michael Behrendt gestern. 2009 hatte der Vorstand die jährlichen Kosten um mehrere Hundert Millionen Euro gesenkt. Hinzu kommt, dass sich der Markt für Containertransporte schneller als erwartet erholt hat. Die durchschnittliche Frachtrate - der Transportpreis für den Container - habe sich in den ersten neun Monaten dieses Jahres auf 1547 Dollar je 20-Fuß-Container (TEU) erhöht - das seien 26,7 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, teilte die Albert Ballin Holding mit.

Wesentlichen Einfluss dürfte die überraschend schnelle Erholung von Hapag-Lloyd auf den geplanten endgültigen Ausstieg des TUI-Konzerns aus der Reederei haben. Das Reiseunternehmen aus Hannover wollte Hapag-Lloyd bereits 2008 komplett verkaufen. Das Hamburger Konsortium Albert Ballin, zu dem die Stadt Hamburg und der Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne gehören, kaufte allerdings Anfang 2009 mangels Kapitals nur rund 56 Prozent der Reederei. Die übrigen gut 44 Prozent hält nach wie vor TUI. Im Zuge der Umwandlung von Darlehen in Aktienkapital wird der Anteil von TUI bis Jahresende nach Angaben von Hapag-Lloyd auf 49,8 Prozent steigen.

"Die sehr gute operative Performance der Hapag-Lloyd sichert uns alle Optionen für eine bestmögliche Verwertung unseres Investments", sagte TUI-Chef Michael Frenzel gestern. Das Unternehmen hat zu Ende 2012 ein sogenanntes Andienungsrecht für seine Anteile. Wenn die Investoren im Konsortium Albert Ballin die TUI-Anteile nicht übernehmen wollen, kann TUI seinen Anteil auf etwas mehr als 50 Prozent aufstocken und dann die Mehrheit an die Reederei verkaufen.

Darauf allerdings wollen es die jetzigen Mehrheitseigner nicht ankommen lassen. Wie das Abendblatt aus städtischen Kreisen erfuhr, diskutieren die Teilhaber des Konsortiums derzeit die Optionen für die künftige Eignerstruktur bei Hapag-Lloyd. Als wahrscheinlich gilt ein teilweiser Börsengang der Reederei. Auch die Aufnahme eines weiteren strategischen Investors in das Konsortium wird erwogen, möglicherweise ein Finanzinvestor. Die Stadt Hamburg hält an Hapag-Lloyd durchgerechnet 25 Prozent, Kühne 15 Prozent. Die übrigen Anteile liegen bei der HSH Nordbank, der Bank M.M. Warburg sowie den Versicherungen Signal Iduna und HanseMerkur.

Die Stadt Hamburg will ihren Anteil nach Abendblatt-Informationen schon wegen der angespannten Haushaltslage nicht aufstocken. Kühnes Pläne sind unklar. Die HSH Nordbank und M.M. Warburg gelten als Ausstiegskandidaten. Ein weiterer strategischer Investor erscheint daher wahrscheinlich.