BMW plant neues E-Fahrzeug aus Carbon in Leipzig. Megacity Vehicle soll 2013 vom Band rollen

Leipzig. Das riesige Autowerk liegt wie ein gestrandetes Ufo in der flachen, eintönigen Landschaft des mitteldeutschen Industriereviers. In der einen Richtung erstreckt sich Leipzig, in der anderen liegen verstreut ein paar Dörfer. Alles dort ist grau an diesem Tag. Die supermoderne Hightech-Fabrik von BMW, der Himmel darüber, die Wolken, die tief und schnell vorüberziehen. Und der Star des Tages sowieso.

Unauffällig, fast versteckt, steht er an einem Aufgang der Zukunftsfabrik des Münchner Automobilkonzerns. Es ist salopp gesagt ein Fahrzeugrahmen, korrekter eine Fahrgastzelle, die an diesem Tag im Mittelpunkt steht. Und sie ist - das ist das Besondere - aus Carbon.

BMW investiert eine halbe Milliarde Euro in die Entwicklung und Produktion

Dieser Kunststoffkern soll das Herz des Automobils der Zukunft werden, und BMW will als erster Konzern weltweit Elektroautos aus dem ultraleichten kohlenfaserverstärkten Kunststoff in Großserienfertigung produzieren. "Was wir vorhaben, wird die Autowelt verändern. Es ist eine Revolution", sagt BMW-Chef Norbert Reithofer.

Über Elektromobilität reden sie zurzeit alle, die Politiker, Autobauer oder Energiekonzerne, doch außer Plänen hat kaum einer etwas vorzuweisen - schon gar nicht in Deutschland.

Die Bundesregierung hat die "Plattform Elektromobilität" ins Leben gerufen, um den Rückstand gegenüber anderen Ländern aufzuholen. In den USA, in Frankreich oder in China sind sie viel weiter. In der Plattform sollen alle Beteiligten von Industrie und Forschung enger zusammenarbeiten, damit im Jahr 2020 eine Million E-Autos auf deutschen Straßen fahren.

Das Ziel ist ehrgeizig, und damit es erreicht wird, braucht man einen Vorreiter. Der BMW-Konzern ist wagemutig in die Rolle des Elektropioniers geschlüpft. Das Unternehmen investiert mehr als eine halbe Milliarde Euro in die Entwicklung und Produktion des Elektroautos. 1000 Jobs werden neu geschaffen, 800 davon in Leipzig. Dort soll 2013 das erste "Megacity Vehicle", so der Arbeitstitel, vom Band laufen.

Autobauer verzichtet auf Stahl und Alu, um Gewicht zu reduzieren

Bundeskanzlerin Angela Merkel nickt beifällig, als BMW-Chef Reithofer die Kennzahlen nennt und ergänzt, man habe sich "mit Leipzig bewusst für einen Standort in Deutschland entschieden". "Ich sehe hier zum ersten Mal, dass das Thema Elektromobilität in Deutschland Gestalt annimmt", sagt die Kanzlerin, die zum symbolischen Spatenstich für die Werkserweiterung am Freitag gekommen war.

Was an jenem grauen Freitag in Leipzig vom ersten deutschen Serienmobil mit Batterieantrieb das Licht der Öffentlichkeit erblickt, ist freilich mager. Zwei Kinder und eine Auszubildende des Leipziger Werkes tragen etwas auf die Bühne, das die Kanzlerin etwas spöttisch "ein Viertel Auto" nennt, ein Seitenteil aus Carbon für das "Megacity Vehicle".

Dass Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor auf lange Sicht Auslaufmodelle sind, wissen die Autobauer, Ölmultis und Regierungen. BMW geht nun einen eigenen Weg. Die Münchner wollen nicht, wie derzeit das Gros der Hersteller, ein bestehendes Modell mit einem Elektromotor ausrüsten. BMW baut vielmehr rund um den E-Antrieb eine völlig neue Art Automobil. Und dabei ist nichts wichtiger als das Gewicht. So verzichtet BMW auf Stahl und Alu und setzt auf Carbonfasern.

Mit Details zum neuen E-Auto halten sich die Münchner zurück. Mehrere Modelle seien möglich - zwei-, drei- oder vierrädrige. Günstig werde das Auto sicher nicht. "Wir sind und bleiben schließlich ein Premiumhersteller", sagt ein BMW-Manager. Die Zielgruppe seien zahlungskräftige Großstadtmenschen. Nur eine Zahl gibt BMW-Entwicklungschef Klaus Draeger schließlich doch noch preis: "Die Reichweite des Megacity Vehicles wird bei rund 200 Kilometern liegen."