Freest/Heiligendamm. Nach der Senkung der Heringsfangquote um weitere 30 Prozent bangen an der Ostsee viele Kutter- und Küstenfischer um ihre Existenz. Die vierte Quotenreduzierung in Folge werde im kommenden Jahr zu einem richtigen Einbruch führen, sagte der Geschäftsführer der Fischereigenossenschaft Freest in Mecklenburg-Vorpommern, Michael Schütt. Der Fischereiverband Schleswig-Holstein warf der Bundesregierung mangelndes Durchsetzungsvermögen im Kampf um die Quoten vor. "Die osteuropäischen Regierungen haben gegenüber der EU-Kommission Zähne gezeigt. Das hätten wir uns auch von Berlin gewünscht", sagte Geschäftsführerin Gretel Flindt.

Für die 30 Kutterbesatzungen in Freest am Peenestrom hätten sich die schlimmsten Befürchtungen erfüllt, die Stimmung sei am Boden, sagte Schütt. Schon die Reduzierung von 39 Prozent vor einem Jahr habe die Betriebe in finanzielle Probleme gestürzt. Die von den EU-Fischereiministern beschlossene Quotensenkung bedeutet für die Erzeugergemeinschaft, zu der auch Besatzungen an der Haffküste und Usedomer Einzelfischer gehörten, dass die Grundquote von 1541 Tonnen Hering in diesem Jahr auf 1078 Tonnen im kommenden Jahr fällt. "Das ist vor allem für jene, die zu 75 Prozent vom Hering leben, nicht mehr verkraftbar", sagte Schütt. Unterdessen kündigten in der größten Fischereigenossenschaft von Mecklenburg-Vorpommern die ersten Mitglieder ihren Ausstieg aus der Fischerei an. "Drei der 30 Kutterführer werden nach der Frühjahrssaison 2011 ihre Netze an den Nagel hängen und in Seemannsrente gehen", sagte Schütt.

Dagegen begrüßte die Umweltstiftung WWF die Ratsentscheidung. Der Zustand des westlichen Heringsbestands sei besorgniserregend, sagte WWF-Fischereiexpertin Karoline Schacht. Notwendig sei ein langfristiges Fischereimanagement anstelle des Quotengeschachers. So hätten sich die 2007 eingeführten Managementpläne für den Dorschfang als erfolgreich erwiesen. Der Bestand habe sich so weit erholt, dass Forscher eine Fangerhöhung für die östliche Ostsee um 15 Prozent vorgeschlagen hätten.