Die Geschäftszahlen sind gut, aber die Angst vor Klagen ist groß

Hamburg. Es hätte alles so schön sein können, gestern bei der Bilanzvorlage von Porsche: Im abgelaufenen Geschäftsjahr hat der Hersteller mit 7,8 Milliarden Euro den höchsten Umsatz seiner Unternehmensgeschichte eingefahren. Der Absatz war um 8,8 Prozent auf 81 850 Fahrzeuge gestiegen, der operative Gewinn kletterte um 60 Prozent. Auch die Aussichten sind gut. So sind die Chinesen, die sich einen Sportwagen leisten können, geradezu verliebt in die Carreras oder Boxsters und treiben die Verkäufe nach oben.

Wären da nicht die Nachwehen eines der größten Finanzspektakel der deutschen Wirtschaft, der geplatzte Traum des einst so renommierten ehemaligen Porsche-Chefs Wendelin Wiedeking: Der katastrophal gescheiterte Übernahmeversuch von VW durch Porsche belastet den Konzern bis heute so sehr, dass kaum jemand über Modelle und Marktchancen, sondern nur über die Milliardenrisiken der Zwangsheirat von Porsche und VW spricht. Es gebe nach wie vor "hohe Risiken für die Porsche SE", beklagen etwa die Analysten von Independant Research. Klagen gegen die Firma könnten nicht nur die geplante Verschmelzung mit VW für 2011 verzögern, sondern auch negative Auswirkungen auf die Liquidität der Porsche SE haben. Auf der Holding lasten wegen der gescheiterten Übernahme Schulden von sechs Milliarden Euro.

Wegen angeblicher Falschinformation droht ein jahrelanger Rechtsstreit

Die Stuttgarter hatten sich mit schwer durchschaubaren Aktiengeschäften 2008 die Mehrheit an VW gesichert und dabei erdrutschartige Kursbewegungen ausgelöst. Doch letztlich hatten sich die Schwaben bei dem Plan verhoben und sollen nun schrittweise in den Konzern eingegliedert werden. Deshalb kämpft Porsche derzeit juristisch an mehreren Fronten. In den USA hat eine Gruppe von Investmentfonds wegen angeblicher Falschinformationen und Marktpreismanipulation gegen den Konzern geklagt. Es geht um mehrere Milliarden US-Dollar Schadenersatz und einen möglicherweise jahrelangen Rechtsstreit. Auch in Deutschland ermitteln Staatsanwälte.

VW-Chef Martin Winterkorn, der auch Vorstandsvorsitzender von Porsche SE ist, versuchte gestern vergeblich die Wogen zu glätten, nachdem er auf eine möglicherweise verzögerte Integration hingewiesen hatte: In Gefahr sei die Vereinigung beider Autobauer nicht. Dennoch fielen die Aktien von Porsche gestern zeitweise mehr als acht Prozent auf 39 Euro (Grafik). Am 30. November sollen die Porsche-Aktionäre auf der Hauptversammlung zudem einer Kapitalerhöhung mit einem geplanten Erlös von fünf Milliarden Euro zustimmen. Nur so viel zu neuen Modellen: Geplant ist ein kleiner Bruder des Cayenne. Er soll allerdings erst 2015 auf den Markt kommen.