Berlin. So schnell wie bei Hochtief geht eine Prüfung im politischen Betrieb selten. Nach nur 72 Stunden ließ Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gestern verkünden, dass es nicht Aufgabe der Regierung sei, die drohende Übernahme des Essener Baukonzerns durch den spanischen Rivalen ACS zu verhindern. Es werde keine "Lex Hochtief" - sprich härtere Gesetze - geben.

Am Freitag und über das Wochenende hatte sich das noch anders angehört. Zwar stellte Merkel ausdrücklich keine konkreten Maßnahmen oder Hilfen in Aussicht - erweckte aber zumindest den Eindruck, eine mögliche Zerschlagung des Bauunternehmens irgendwie zu verhindern. Auch wenn Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) ein Eingreifen vorher schon abgelehnt hatte. Gestern nun saß Merkel mit Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) und Brüderle zusammen. Schnell war sich die Runde einig, dass die ACS-Attacke rechtlich sauber ist und der Bund nicht aktiv wird.

Zuvor war spekuliert worden, die deutschen Wertpapiergesetze um schärfere Vorgaben wie in Großbritannien, Österreich oder Spanien zu ergänzen. Dort sind Käufer verpflichtet, nach Erreichen der 30-Prozent-Schwelle beim Aktienbesitz in weiteren Kaufschritten allen Aktionären ein Angebot zum aktuellen Kurswert zu machen. In so einem Fall wäre die hoch verschuldete ACS-Gruppe wohl kaum in der Lage, Hochtief zu schlucken. Inzwischen bereiten die Spanier aber eine milliardenschwere Kapitalerhöhung vor. Bis Ende Januar 2011 will der ACS-Chef und Real-Madrid-Präsident Florentino Pérez die Übernahme perfekt machen.

Knackpunkt ist, ob ACS für die australische Hochtief-Ertragsperle Leighton ein gesondertes Übernahmeangebot abgeben muss. Das könnte Spaniens größten Baukonzern locker drei Milliarden Euro zusätzlich kosten. Hochtief könnte die Zeit nutzen, um einen "weißen Ritter" als strategischen Partner zu finden.