Nach der verpatzten Präsentation im April ist der deutsche Herausforderer WeTab jetzt auf dem Markt. Das Gerät ist noch verbesserungsfähig.

Hamburg. Flach, smart und made in Germany: Vier Monate nach dem iPad-Start in Deutschland drängt mit dem WeTab nun der erste deutsche Herausforderer auf den noch jungen Markt für Tablet-Computer. "Wir rechnen uns gute Chancen aus", sagte der Geschäftsführer der WeTab GmbH, Tore Meyer, gestern zum offiziellen Verkaufsbeginn. "Bis Ende 2011 wollen wir bei den Stückzahlen in einem guten sechsstelligen Bereich sein." Beim Vertriebspartner Media Markt verlief der Start für die neue Computerflunder allerdings schleppend. In einigen großen Hamburger Filialen wie Altona oder Nedderfeld war das Gerät nicht vorrätig, in Wandsbek gab es lediglich ein Modell zum Ausprobieren, wie eine Umfrage des Abendblatts ergab.

Der Herausforderer aus Berlin ist etwas größer (11,6 Zoll statt 9,7 Zoll), schwerer (995 Gramm statt 680 Gramm) und vom Grundkonzept her anders als das iPad. Das liegt am Betriebssystem: Das WeTab läuft mit einer angepassten Version von MeeGo, einem Linux-System, das von Nokia und Intel unterstützt wird. Linux steht für Offenheit und vielfältige Möglichkeiten der Weiterentwicklung. Das vom iPad verwendete Betriebssystem iOS hat seine Wurzeln zwar ebenfalls in der Unix-Linux-Welt, wurde von Apple aber nach außen abgeschottet. "Wir betrachten Opensource als sehr gute Alternative zu geschlossenen Systemen", sagt Geschäftsführer Meyer. "Tablets leben vom Internet, und die Kommunikation mit dem Netz ist softwaregesteuert."

Markenrechtliche Probleme mit dem Konkurrenten Apple

Allerdings ist die Software auch von Anfang an das besondere Sorgenkind des WeTab-Projekts gewesen. Im April wurde das Gerät erstmals öffentlich präsentiert - peinlicherweise noch als nicht voll funktionsfähiger Windows-Dummy. Kurz danach wurde das ursprünglich als WePad bezeichnete Projekt in WeTab umbenannt - offenbar unter markenrechtlichem Druck des Konkurrenten Apple.

Die WeTab-Entwickler haben auf das MeeGo-Fundament eine eigene Oberfläche draufgesetzt. Zum Bedienen wird der Tablet-Computer mit zwei Händen gehalten, die Grundfunktionen werden mit beiden Daumen gesteuert: rechts die Navigation auf der zentralen "Pinnwand" mit den Programmsymbolen, links die Navigation in einzelnen Dokumenten. Idee und Wirklichkeit klaffen beim WeTab aber noch weit auseinander. Etliche Programme, wie etwa die Büroanwendung OpenOffice oder die E-Book-Software FBReader, sind nicht auf das Bedienkonzept abgestimmt. Auch in den Kernfunktionen läuft die Bedienung nicht immer rund. Dies gilt für vorinstallierte Programme wie E-Mail, Adressbuch oder Kalender ebenso wie für den Neigungssensor des Geräts, der sich nicht wie beim iPad abschalten lässt und das Bild vorschnell auf den Kopf stellt.

Bedienkonzept leidet noch unter Kinderkrankheiten

Multitouch, also die Bedienung der Oberfläche mit zwei Fingern, fehlt bislang: Man kann also nicht so bequem in ein Foto hineinzoomen wie beim iPad. Nicht vorhanden ist auch der angekündigte Flashplayer zum Abspielen von Internetvideos. Das WeTab hat zwar zwei USB-Anschlüsse, kann aber keine Daten auf einen USB-Stick kopieren. Technikchef Stephan Odörfer räumt daher auch ein: "Es gibt definitiv noch zu tun." In dieser Woche soll ein Update für das Betriebssystem bereitgestellt werden, das die noch fehlenden Funktionen für das zwischen 449 und 569 Euro teure Gerät ergänzt.

Generell räumt der IT-Branchenverband Bitkom den neuen Tabletcomputern aber gute Wachstumschancen in Deutschland ein. "Die Tablets eignen sich besonders gut zur Unterhaltung und zum Surfen im Netz", sagt Verbandssprecher Maurice Shahd. "Wir rechnen mit rund 500 000 verkauften Geräten in diesem Jahr."