Ernährung könnte sich am persönlichen Gencode orientieren

Hamburg. Nestlé-Verwaltungsratschef Peter Brabeck-Letmathe hat die Pläne des weltgrößten Nahrungsmittelherstellers verteidigt, künftig verstärkt ins Pharmageschäft einzusteigen. "Die Möglichkeiten einer präventiven, aber auch einer therapeutischen Ernährung werden immer größer", sagte Brabeck-Letmathe gestern vor dem Club Hamburger Wirtschaftsjournalisten. Dazu könnten Lebensmittel mit einem gesundheitlichen Zusatznutzen einen entscheidenden Beitrag leisten. Seine Idealvorstellung sei eine personalisierte Ernährung, die sich am genetischen Code eines jeden einzelnen Verbrauchers orientiere, sagte der Verwaltungsratschef.

Lebensmittel gegen Diabetes, Fettleibigkeit und Alzheimer

Nestlé hatte in der vergangenen Woche bekannt gegeben, künftig Lebensmittel gegen Krankheiten wie Diabetes, Fettleibigkeit, Herz-Kreislauf-Beschwerden sowie Alzheimer auf den Markt bringen zu wollen. Der Hersteller von Maggi, Thomy-Senf und Smarties gründet dafür die Tochtergesellschaft Health Science. Verbraucherschützer wie die Organisation Foodwatch kritisierten diese Vermischung von Nahrungs- und Arzneimitteln hingegen als Irrweg und zweifelten den tatsächlichen Nutzen von entsprechenden Produkten an.

Lebensmittel zur Vorbeugung schwerer Krankheiten seien keineswegs Zukunftsmusik, sagte Brabeck-Letmathe gestern. Gerade habe Nestlé in den USA die Zulassung für ein Produkt erhalten, das Alzheimer vorbeugen könne. In Europa seien Produkte wie diese bislang aber nicht auf dem Markt, da die Zulassung von Lebensmitteln mit gesundheitlichem Zusatznutzen hier deutlich schwieriger sei.

Nach den Worten von Brabeck-Letmathe arbeitet Nestlé kontinuierlich daran, seine Lebensmittel in Hinblick auf eine ausgewogene Ernährung zu verbessern. So habe man den jährlich verbrauchten Zucker in den vergangenen Jahren um 250 000 Tonnen oder 20 Prozent reduziert. Den Stoff generell zu verteufeln, sei aber falsch. "Zucker ist auch ein wichtiger Energielieferant."

Verbraucherschützer werfen Nestlé und anderen Lebensmittelherstellern hingegen vor, stark zuckerhaltige Produkte wie Frühstücksflocken als besonders vollwertig oder vitaminreich zu bewerben und so für das weit verbreitete Übergewicht mitverantwortlich zu sein. So hat etwa die Zahl der übergewichtigen Jugendlichen und Kinder in Deutschland seit den 90er-Jahren um 50 Prozent zugenommen.