Bei Zahlungsproblemen wird zu spät professioneller Rat gesucht

Hamburg. Die Spätfolgen der Wirtschaftskrise zeigen sich erst jetzt, obwohl sich Konjunktur und Arbeitsmarkt erholen. Erstmals seit 2007 wird sich die Zahl der überschuldeten Haushalte in diesem Jahr wieder erhöhen, erwartet Michael Knobloch vom Institut für Finanzdienstleistungen (IFF). Das geht aus dem neuen Überschuldungsreport des Instituts hervor, der gestern vorgestellt wurde. Bereits im ersten Halbjahr gab es mit 53 864 Privatinsolvenzen einen Anstieg um 11,6 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Insgesamt gelten mehr als drei Millionen Haushalte in Deutschland als überschuldet. "Sie können mittelfristig ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr fristgerecht nachkommen", sagt Knobloch. Die überschuldeten Haushalte sitzen auf durchschnittlichen Schulden von 33 140 Euro.

Unkontrolliertes Konsumverhalten besonders bei jungen Leuten

Zur Überschuldung tragen mehrere Faktoren wie Arbeitslosigkeit, Scheidung, Krankheit oder eine gescheiterte Selbstständigkeit bei. "Bei der Arbeitslosigkeit als Auslöser für Überschuldung haben wir einen Anstieg um acht Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr festgestellt", sagt Knobloch. Auch ein neuer, schlechter bezahlter Job kann die Finanzlage verschärfen. Doch nicht nur von außen wirkende Faktoren sorgen dafür, dass die Ausgaben regelmäßig höher sind als die Einnahmen. Zu den vermeidbaren Ursachen gehören das Konsumverhalten, die unwirtschaftliche Haushaltsführung und Straffälligkeit. So haben junge Leute durch ein unkontrolliertes Konsumverhalten Schulden bei besonders vielen Gläubigern. "Die finanzielle Bildung in den Schulen muss dringend verbessert werden", sagt Burkhard Piorkowsky von der Universität Bonn. Nur aufgeklärte Verbraucher könnten Kreditangebote bewerten oder den optimalen Handytarif auswählen.

"Das Problem ist, dass viele zu spät professionellen Rat suchen", sagt IFF-Direktor Udo Reifner. "Von den ersten Problemen bis zu einer ersten Beratung dauert es vier Jahre." Insgesamt vergehen so 14 Jahre, bis alle Auswirkungen einer Privatinsolvenz getilgt sind. Deshalb plant das Bundesjustizministerium, das Verbraucherinsolvenzverfahren auf drei Jahre zu verringern.