Das Stimmrecht soll zeitweise entzogen werden. Scharfe Kritik aus Paris

Berlin. Der Streit um einen strengeren Euro-Stabilitätspakt spitzt sich zu. Mehrere Mitgliedstaaten wehren sich gegen automatische Strafen für Schuldensünder, wie dies vor allem die EU-Kommission und Deutschland fordern. Die französische Wirtschaftsministerin Christine Lagarde sagte gestern Abend in Brüssel: "Eine Macht, die nur bei den Experten liegt. Nein!" Die Rechte der Mitgliedstaaten bei der Haushaltsaufsicht dürften nicht ausgehebelt werden.

Die europäischen Finanzminister hatten am Abend unter Führung von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy über die Reform des Euro-Stabilitätspakts beraten. EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn warb dabei erneut für seine Linie, Schuldensünder ohne lange Debatten zu bestrafen. Auch Deutschland will gegen Haushaltssünder in der EU hart vorgehen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) legte dazu in einem Brief an Van Rompuy und seine Amtskollegen Vorschläge vor.

So wie Olli Rehn fordert er, dass finanzielle Strafen in Form von Einlagen bei der EU künftig viel früher greifen als bisher. Schäuble will den Druck zusätzlich dadurch erhöhen, dass Gelder aus EU-Finanztöpfen nur bei soliden Haushalten fließen und zumindest den Euro-Ländern bei notorisch hohen Defiziten zeitweise das Stimmrecht in EU-Ministerräten entzogen wird.

Staaten sollen 0,2 Prozent des BIP als Strafe zahlen

Es müsse wirkungsvolle Anreize geben, um übermäßige Haushaltsdefizite zu vermeiden und abzubauen, heißt es in dem Brief, der der Nachrichtenagentur Reuters vorlag. "Der Stabilitäts- und Wachstumspakt sollte mehr Biss bekommen, indem der Prozess durch die Anwendung quasi-automatischer Sanktionen beschleunigt wird."

Schäuble plädiert so wie Rehn dafür, dass die EU-Kommission künftig automatisch Sanktionen in Form einer verzinsten Einlage verhängt, wenn ein Land Empfehlungen zu solider Haushaltspolitik in den Wind schlägt. Eine Einlage von 0,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bei der EU wäre auch dann schon fällig, sobald die Neuverschuldung über der erlaubten Grenze von drei Prozent des BIP amtlich festgestellt ist.