Hoch verschuldeter Euro-Staat muss das frische Geld am Kapitalmarkt teuer bezahlen

Dublin. In den 1990er-Jahren wurde Irland von aller Welt für sein gigantisches Wirtschaftswachstum bewundert. Mit extrem niedrigen Steuersätzen für Unternehmen und Privatleute sowie Hilfsgeldern aus dem EU-Strukturfonds lockte die kleine Nation scharenweise ausländische Konzerne an, um zu investieren. Versicherungen, Hightech-Firmen wie Apple und Medienkonzerne siedelten sich in dem EU-Mitgliedstaat an, gläserne Hochhäuser und unzählige Eigenheime sprossen aus dem Boden. Der Wandel vom Agrarstaat zum Industriestandort schien geglückt. Angesichts hoher Wachstumsraten galten die Iren in Anlehnung an den Boom der asiatischer Staaten sogar als der "keltische Tiger".

Doch der einstige Glanz ist mit dem Beginn der weltweiten Finanzkrise zunehmend verblichen. Stärker als viele andere Europäer haben insbesondere die Fehlgriffe der Banken den Staat - der so groß ist wie Bayern - und seine 4,2 Millionen Einwohner nach Griechenland zum neuen Sorgenkind der EU werden lassen. Angesichts der stark gefallenen Immobilienpreise sind viele irische Privathaushalte heute überschuldet. Die Banken blieben auf nicht beglichenen Krediten sitzen. Der Staat musste die Geldinstitute wiederum mit Milliardenspritzen und Staatsgarantien vor dem Niedergang retten.

EU-Kommissar erwartet, dass Irland sein Schuldenproblem alleine löst

Entsprechend ächzt der Staat selbst unter einem hohen Schuldenberg, der mittlerweile 90 Prozent des Bruttoinlandproduktes von 160 Milliarden Euro entspricht. Die Neuverschuldung dürfte in diesem Jahr bei 11,5 Prozent des BIP liegen, nach bereits 14,5 Prozent im Vorjahr - und damit weit entfernt von der im Maastricht-Vertrag festgelegten Obergrenze von drei Prozent.

Wenngleich Irland unter Bankern seit Längerem zu den sogenannten unsicheren PIIGS-Ländern in der Euro-Region gehört (Portugal, Irland, Italien, Griechenland, Spanien), traut die EU dem Wackelkandidaten durchaus zu, sein Schuldenproblem doch noch selbst lösen zu können. EU-Währungskommissar Olli Rehn demonstrierte gestern volles Vertrauen, dass Irland die zusätzliche Kraftanstrengung beim Sparen bewältigen werde. "Ich bin zuversichtlich, dass Irland die Sanierung seiner Finanzen und die notwendige Restrukturierung seines Banken- und Finanzsektors vollenden kann."

Für eine Verschnaufpause sorgte gestern in Irland eine erfolgreich platzierte Anleihe. Irland gelang es, 1,5 Milliarden Euro frisches Geld am Kapitalmarkt zu leihen. Im Gegenzug muss der Staat das Vertrauen der Anleger teuer bezahlen. Für die achtjährige Anleihe über eine Milliarde Euro muss Irland 6,023 Prozent Zinsen zahlen, nach noch 5,088 Prozent im Juni. Für die vierjährige Anleihe über 500 Millionen Euro werden 4,767 Prozent fällig. Zum Vergleich: Deutschland zahlt für zehnjährige Bundesanleihen nur 2,471 Prozent.