Bundesregierung fordert Fusion der Institute. Doch Experten warnen vor Risiken. Große Nord-Lösung abgelehnt

Hamburg. Während die Fusion der Landesbanken in Nordrhein-Westfalen und Bayern zügig vorangetrieben wird, wollen die norddeutschen Landesbanken nicht aktiv in die Konsolidierung der Branche eingreifen. Sie haben erhebliche Zweifel daran, dass sich mit einer Fusion die Probleme der Banken lösen lassen. "Wenn zwei Arme zusammengehen, ergibt das noch keinen Reichen", sagt ein Bankmanager.

Die Nord/LB ist als eine der wenigen Landesbanken ohne staatliche Stützung durch die Finanzkrise gekommen, benötigt aber dennoch künftig mehr Eigenkapital. Im Bankenstresstest der EU erreichte die Bank lediglich eine Kernkapitalquote von 6,2 Prozent, das schlechteste Ergebnis aller Landesbanken. An der Nord/LB ist das Land Niedersachsen mit rund 42 Prozent beteiligt. Die von Hamburg und Schleswig-Holstein getragene HSH Nordbank überlebte nur mit einer Milliardenspritze der Eigentümer, will aber im nächsten Jahr wieder eine "schwarze Null" erzielen und ab 2012 Gewinn erwirtschaften sowie eine Dividende zahlen. "Wir konzentrieren uns ganz darauf, die Bank weiter zu stabilisieren, und sind auf einem guten Weg", sagt Banksprecher Frank Laurich. Alles andere sei Sache der Eigentümer.

Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring sieht für die Nord/LB keine Notwendigkeit für eine Fusion mit einem anderen Institut, etwa der HSH Nordbank, die von Experten als natürlicher Partner gesehen wird. "Wir sprechen nicht mit anderen Landesbanken", sagt der CDU-Politiker dem Abendblatt. Angesichts der vorhandenen Managementkapazität und des Eigenkapitals sei es der Nord/LB nicht möglich, eine zweite Bank aufzunehmen. "Die von der Bundespolitik vorgegebene Richtung von nur noch wenigen Landesbanken ist zu holzschnittartig", sagt Möllring.

Doch der Zug zu Zusammenschlüssen hat sich unaufhaltsam in Bewegung gesetzt. "Banken, die sich an diesem Prozess nicht beteiligen, laufen Gefahr, am Ende allein und nicht mehr wettbewerbsfähig dazustehen", sagt Bankenexperte Wolfgang Gerke. "Denn mehr als ein bis zwei Landesbanken sind in Deutschland nicht notwendig." Auch die Politik teilt diese Einschätzung. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) will, dass von noch acht eigenständigen Landesbanken lediglich zwei übrig bleiben.

Unterdessen drücken die Landesbanken WestLB und BayernLB bei ihren Fusionsplänen aufs Tempo. Die Prüfung der Bücher soll schon bald beginnen. WestLB-Chef Dietrich Voigtländer informierte gestern die Mitarbeiter über die Fusionspläne und machte dabei deutlich, dass er schon längere Zeit Sondierungsgespräche führe. Durch einen Zusammenschluss der beiden Institute, die durch die Finanzkrise stark in Mitleidenschaft gezogen wurden und mit Milliardenhilfen gestützt werden mussten, würde die drittgrößte Bank Deutschlands nach der Deutschen Bank und der Commerzbank entstehen.

Doch inzwischen stoßen die Fusionspläne der Banken auf Bedenken. "Angesichts der Tatsache, dass beide Banken sich in einem Restrukturierungsprozess befinden, führt eine Fusion nicht automatisch zur Wiederherstellung ihrer langfristigen Lebensfähigkeit", warnte EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia. Die Bedenken der EU-Kommission wiegen schwer, denn ohne grünes Licht aus Brüssel läuft nichts. Die EU hatte es der WestLB wegen milliardenschwerer staatlicher Hilfen zur Auflage gemacht, ihr Geschäft um die Hälfte zu verkleinern und bis Ende 2011 neue Eigentümer zu finden. Alternativ ist eine Landesbankenfusion möglich. Doch auch unter Bankenexperten gilt nicht als ausgemacht, dass zwei Sorgenkinder zusammen überlebensfähig sind.

Die Sparkassen wollen eine übergreifende Zentrallandesbank, die sie mit Krediten versorgt und den Zugang zum Kapitalmarkt eröffnet. "Das liegt nicht in der Tradition der WestLB", sagt Hans-Peter Burghof von der Universität Hohenheim. Die WestLB habe sich bisher eher als Investmentbank verstanden, die für das kleine Geschäft der Sparkassen wenig Verständnis aufgebracht habe. Auch die Gewerkschaft Ver.di meldet Bedenken an. "Es muss genauestens geprüft werden, ob eine solche Verbindung von WestLB und BayernLB überhaupt wirtschaftlich zweckmäßig ist", sagt Uwe Foullong vom Ver.di-Bundesvorstand.

Neben dem wachsenden politischen Druck setzen auch die neuen Eigenkapitalregeln die Banken unter Druck. "Das ist der Motor für die jetzt in Gang gesetzte Konsolidierung", sagt Gerke. So wird damit gerechnet, dass die Landesbanken bis zu 18 Milliarden neues Eigenkapital benötigen, um dem internationalen Regelwerk Basel III gerecht zu werden. "Wir werden mit unseren Anteilseignen auf diese Herausforderung reagieren", sagt ein Sprecher der Nord/LB.

In die Krise waren viele Landesbanken geraten, weil sie sich mit günstig beschafftem Kapital an faulen Wertpapieren aus dem Immobilienbereich beteiligt hatten.