Der Niederländer Marijn Dekkers beerbt Ende des Monats Werner Wenning

Leverkusen. Nach mehr als acht Jahren an der Spitze des Weltkonzerns Bayer übergibt der 63-jährige Werner Wenning am 30. September die Kontrolle über den Pharma- und Kunststoffhersteller an den Niederländer Marijn Dekkers. Für Bayer ist es das Ende einer Ära. Denn Wenning hat dem Unternehmen seinen Stempel aufgedrückt wie kein anderer Konzernchef.

Der Rückruf von Lipobay bescherte Bayer Milliardenverluste

Als er 2002 sein Amt antrat, steckte Bayer in einer der tiefsten Krisen der Firmengeschichte. Der Rückruf des Cholesterinsenkers Lipobay wegen möglicher tödlicher Nebenwirkungen bescherte der einstigen "Apotheke der Welt" Milliardenverluste. Die Zukunft des stolzen Konzerns, der auch rund 600 Beschäftigte am Standort Brunsbüttel hat, schien dunkel und ungewiss. Doch Wenning, der seine Bayer-Laufbahn 1966 als Lehrling begann und sich ohne akademische Ausbildung an die Spitze kämpfte, räumte mit eiserner Hand auf. Er verordnete dem Konzern die tiefgreifendste Umstrukturierung der Firmengeschichte und trennte sich von der traditionsreichen aber margenschwachen Chemiesparte sowie von großen Teilen des Kunststoffgeschäfts. Stattdessen konzentrierte sich Bayer auf die Gesundheitssparte.

Während Wenning Pläne für den Ruhestand schmiedet, ist sein designierter Nachfolger Marijn Dekkers, 52, seit gut acht Monaten dabei, sich auf die Amtsübernahme vorzubereiten. Bereits seit dem 1. Januar ist Dekkers Mitglied im Bayer-Vorstand und hat einen großen Teil seiner Zeit für Reisen genutzt, um den Konzern gründlich kennenzulernen. Der Lebenslauf des neuen Konzernchefs wirkt wie ein krasser Gegenentwurf zu dem von Wenning. Während der noch amtierende Bayer-Chef sein ganzes Berufsleben bei Bayer verbrachte, hatte Dekkers vor seiner Berufung kaum Kontakt zu dem Leverkusener Konzern - dafür aber umso mehr internationale Erfahrung.

Nach seinem Studium in den Niederlanden ging der promovierte Chemiker in die USA und startete seine Karriere in der renommierten Forschungsabteilung von General Electric. Danach wechselte er ins Management und ging bei der Managerikone Jack Welsh in die Lehre. "Die Jahre bei General Electric haben mir das Gefühl dafür gegeben, wie ein großes Unternehmen tickt und man Maßnahmen erfolgreich umsetzt", sagt er selbst.

Der neue Bayer-Chef bezeichnet Karriereschritt als "logisch"

Später übernahm er die Leitung des Bostoner Unternehmens Thermo Electron Corporation. Dort gelang es ihm innerhalb von sieben Jahren - nicht zuletzt durch gezielte Akquisitionen -, den Umsatz auf rund 10,5 Milliarden Dollar zu verfünffachen und die Zahl der Mitarbeiter auf 35 000 Beschäftigte zu verdreifachen. Bayer sei "der nächste logische Schritt" in seinem Leben, so Dekkers selbstbewusst. Was ihn an Bayer reize? "Das Geld war es nicht. Ich habe in den USA ein paar sehr erfolgreiche Jahre hinter mir." Faszinierend bei Bayer sei die gesteigerte Verantwortung. Dafür sei er bereit, im Vergleich zu den vergangenen Jahren weniger zu verdienen. Bayer sei für ihn "eine Herausforderung, die für kein Geld der Welt zu kaufen ist".