Umfrage in der deutschen Schifffahrtsbranche. Bessere Aussichten für Containerriesen

Hamburg. Die Krise in der Schifffahrt halten die deutschen Reeder trotz der wieder steigenden Transportmengen für noch nicht überwunden. Das geht aus einer gestern vorgelegten Studie der Unternehmensberatung Roland Berger bei Reedereien, Emissionshäusern und Banken hervor. Danach rechnen 75 Prozent der Befragten damit, dass die Transportpreise auf See (Frachtraten) in den nächsten zwölf Monaten wieder sinken. Bei den Containerschiffen und Tankern werde das hohe Vorkrisenniveau bei den Mieten (Charterraten) erst im Jahr 2012 und für Massengutfrachter erst zum Ende des Jahres wieder erreicht werden. Für die Studie hat Roland Berger Unternehmen befragt, die mehr als 1000 Schiffe repräsentieren.

Für kleinere Schiffe reichen die Einnahmen nicht aus

"Wir rechnen für die nächsten zwölf Monate mit einer Delle bei den Raten", sagte der Schifffahrtsexperte von Roland Berger, Nils von Kuhlwein, dem Abendblatt. Probleme gebe es schon jetzt bei kleineren Frachtern in der Containerschifffahrt, in der die deutschen Reeder insgesamt Marktführer sind. Obwohl die Raten bei den Schiffen mit weniger als 4000 Stellplätzen für Standardcontainer (TEU) zuletzt gestiegen sind (siehe Grafik), reicht das Niveau nicht, um die anfallenden Kosten zu decken. "Um dies zu erreichen, wird es noch ein bis zwei Jahre dauern", sagte auch der Hamburger Reeder Claus-Peter Offen dem Abendblatt. Offen, der vor allem Containerriesen einsetzt, zählt mit einer Flotte von rund 100 Schiffen zu den größten Charterreedern weltweit.

Der Hamburger schätzt jedoch die Situation für Schiffstypen mit mehr als 4000 Stellplätzen für Standardcontainer (TEU) deutlich günstiger ein. "Die Charterraten reichen schon derzeit für die Betriebskosten, den Kapitaldienst und eine Verzinsung des Eigenkapitals aus. Das wird sich auch in den kommenden Jahren nicht ändern", sagt Offen. Hintergrund: Der Reeder rechnet allein für dieses Jahr mit einen Plus im Containertransport von 15 bis 20 Prozent und für 2011 erneut mit einem Zuwachs von sechs bis zehn Prozent. Gleichzeitig komme weniger Neubautonnage auf den Markt, und durch die gedrosselten Geschwindigkeiten steige der Bedarf nach Frachtern an. "Auch wir rechnen damit, dass bei den großen Schiffen die Raten 2011 und 2012 stabil bleiben", sagte Sönke Fanslow, Vorstand bei der Hamburger Schifffahrtsgruppe Hansa Treuhand, zu der neben einer Reederei auch ein Emissionshaus zählt.

Stark betroffen von den Auswirkungen der Krise ist nach der Roland-Berger-Studie die Schiffsfinanzierung, vor allem bei Containerfrachtern. "Die befragten Banken halten es für durchaus realistisch, künftig auf Eigenkapitalquoten von mehr als 50 Prozent zu bestehen", so von Kuhlwein. Derzeit ist das Interesse von Investoren an Schiffsfonds ohnehin verhalten. Zuletzt wurden allenfalls Spezialschiffe etwa für die Versorgung von Offshore-Plattformen oder Massengutfrachter mit Blick auf die Stahlproduktion Chinas bestellt. Allerdings zeichnen sich bei den Frachtern derzeit Überkapazitäten ab.

"Wir gehen davon aus, dass 2011 das Interesse von Investoren an Neubauten wieder anspringen wird", sagte Fanslow. Darunter dürften auch Containerfrachter sein. Den Trend der Banken zu mehr Sicherheiten, der auch aus der Studie hervorgeht, bestätigte gestern der Experte. "Die Banken werden künftig erst Finanzierungen anbieten, wenn die Investoren sofort ausreichend Eigenkapital vorweisen können."

China kann vom Rückzug aus der Schiffsfinanzierung profitieren

Der Rückzug deutscher Kreditinstitute aus Schiffsfinanzierungen könnte sich auch auf die deutsche Charterflotte auswirken, glaubt von Kuhlwein. "Die Asiaten dürften Interesse daran haben, bei deutschen Firmen einzusteigen. Gleichzeitig wollen sie ihre eigene Flotte ausbauen", so der Experte. Das könnte die Gewichte bei den Containercharterflotten verschieben, bei denen deutsche Reeder einen Marktanteil von 60 bis 70 Prozent halten. Kuhlwein ist sicher: "Wenn die deutsche Finanzierung wegbricht, wird diese Tonnage künftig eher aus Asien kommen."