Zweite Tarifrunde ohne Einigung. Stimmung ist “hochexplosiv“

Berlin/Hamburg. Die Tarifverhandlungen bei den Privatbahnen in Deutschland drohen zu eskalieren. Trotz fünfstündiger Gespräche bewegten sich die Tarifparteien gestern in ihrer zweiten Runde in Berlin praktisch keinen Schritt aufeinander zu. "Die Stimmung ist hochexplosiv", sagte der Sprecher der größten Eisenbahnergewerkschaft Transnet, Michael Klein, dem Abendblatt. Zwar seien die Gespräche noch nicht gescheitert, aber sie kämen auch nicht voran.

Arbeitgeber bieten Spitzengespräch zur Lösung der Konflikte an

Auch die Verhandlungsführerin der Arbeitgeberseite, Ulrike Riedel, sieht noch keine Einigung in Sicht: "Wir sind sehr enttäuscht, dass sich die Gewerkschaften Transnet und GDBA überhaupt nicht bewegen." Riedel, die für die Privatbahnen Abellio, Arriva, Benex, Keolis und Veolia verhandelt, bot den Gewerkschaften daraufhin ein Spitzengespräch an, um die Konflikte im kleinen Kreis doch noch zu lösen.

Durch die festgefahrenen Fronten wird unterdessen ein Streik immer wahrscheinlicher. Die Tarifkommission der Transnet will bereits heute darüber entscheiden, ob und wie die Tarifverhandlungen mit den Privatbahnen fortgeführt und ob Arbeitskämpfe als Druckmittel eingesetzt werden sollen, so Klein. Transnet-Verhandlungsführer Alexander Kirchner hatte schon mit Streiks im September gedroht, sollten die Privatbahnen keinen einheitlichen Branchentarifvertrag akzeptieren.

Die aktuellen Tarifverhandlungen sind ein Novum. Erstmals fordern alle Bahngewerkschaften ein einheitliches Tarifwerk für alle Eisenbahner - und zwar für die 130 000 Beschäftigten bei der Deutschen Bahn (DB) wie auch für die rund 10 000 Mitarbeiter der Privatbahnen -, das sich an den vergleichsweise besseren Konditionen der Deutschen Bahn orientieren solle. Dabei verlaufen die Verhandlungen zweigleisig. Während die großen Gewerkschaften Transnet und GDBA für alle Beschäftigten verhandeln, geht es der Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) nur um die Lokomotivführer.

Für die Privatbahnen ist die komplette Übernahme des DB-Tarifwerks "nicht erfüllbar", sagte Verhandlungsführerin Riedel dem Abendblatt. "Wir sind mittelständische Unternehmen, haben ganz andere Strukturen und Berufsbilder als der Staatskonzern und können nicht auf deren Niveau abschließen." Transnet hält wiederum das bisherige Angebot der Arbeitgeber, das sich auf dem Einstiegsniveau für Lokführer bewegt, für zu gering.