Kaufpreis für weitere 21 Prozent liegt bei 6,3 Milliarden Euro. Ackermann will Geschäft mit den einst weniger geliebten Privatkunden stärken

Hamburg. Josef Ackermann drückt aufs Tempo. Bevor er im Jahr 2013 als Chef der Deutschen Bank ausscheidet, will er sein Haus für die Zukunft bestellen. Dazu plant er - nun früher als geplant - die Postbank mit immerhin 14 Millionen Kunden in Deutschland mehrheitlich zu übernehmen. Finanziert werden soll das Geschäft über die Aktienmärkte. Dort will sich Ackermann in den kommenden Wochen über eine Kapitalerhöhung 9,8 Milliarden Euro beschaffen. Ein Großteil des Geldes soll in die Übernahme fließen. Der Bankchef verteidigte gestern in Frankfurt sein Vorhaben. Der sich abzeichnende Gesamtpreis von 6,3 Milliarden Euro für weitere 21 Prozent an einer der führenden Privatkundenbanken Europas sei "vom strategischen Wert her gesehen außerordentlich attraktiv", sagte er.

Lange Zeit empfanden die Großbanken das Privatkundengeschäft, das die Postbank betreibt, als unwichtig. Kleine Summen und geringe Renditen schienen uninteressant, das milliardenschwere internationale Geschäft lockte. Seit Ausbruch der Finanzkrise ist der Privatanleger wieder begehrt, schließlich riss das riskantere Kapitalmarktgeschäft weltweit bei vielen Häusern riesige Löcher in die Bilanzen. Mit der Übernahme der Postbank verwässert die Deutsche Bank deshalb bewusst ihre bisher verfolgte Strategie, die vor allem vom lukrativen Investmentbanking geprägt war.

Konrad Becker, Bankenanalyst bei der Privatbank Merck Finck & Co., begrüßt den Sinneswandel. "Die Deutsche Bank hat immer darunter gelitten, dass sie so stark vom Investmentbanking abhängig war", sagte er dem Abendblatt. In guten Jahren habe man zwar hohe Gewinne eingefahren, in schlechteren Jahren seien die Renditen aber stark gefallen. "Das Privatkundengeschäft ist nicht so volatil wie das Investmentbanking. Mit der Übernahme der Postbank wird die Deutsche Bank kalkulierbarer für mögliche Investoren."

Darauf setzt auch Ackermann. "Das Unternehmen wird nach einer Konsolidierung der Postbank wesentlich mehr wert sein", sagte er. "Wir werden eine ganz klare Vorwärtsstrategie im Privatkunden- und Firmenkundengeschäft in Deutschland in den nächsten Monaten einleiten. Damit steht der größere Deutsche-Bank-Konzern künftig auf zwei starken Säulen und verfügt über einen besseren, ausgewogenen Ergebnismix und insgesamt stabilere Erträge."

Im kombinierten Privatkundengeschäft der beiden Großbanken erwartet die Deutsche Bank mittelfristig Erträge von mehr als zehn Milliarden Euro sowie ein jährliches Vorsteuerergebnis von mehr als drei Milliarden Euro. Bislang hatte das Institut im Jahr 2011 einen Vorsteuergewinn von 1,5 Milliarden Euro angestrebt. Die Eigenkapitalrendite vor Steuern im Privatkundengeschäft soll bei mehr als 20 Prozent liegen. An den bisherigen Plänen, die Marke Postbank zu erhalten, werde sich nichts ändern, betonte Ackermann. Für die Personalstärke beider Häuser werde die Übernahme aber natürlich "gewisse Konsequenzen haben".

Analyst Becker rechnet mit einem Stellenabbau in Bereichen der Postbank, die keinen direkten Kundenkontakt haben. "In den Filialen hingegen wird sich wenig ändern", so der Experte. Die Kundenberatungsstellen blieben erhalten und auch die Deutsche Post werde weiterhin als Mieter in den Räumen vertreten sein. "Aufgrund dieser Kombination kommen derzeit täglich eine Million Menschen in die Filialen der Postbank", sagte er.

Die Deutsche Bank besitzt bereits 30 Prozent an dem Institut. Jetzt geht der Konzern davon aus, dass er im Rahmen seiner Offerte weitere 21 Prozent erwerben wird. Am Sonntag hatte Ackermann, wie berichtet, das konkrete Übernahmeangebot für die Postbank angekündigt. Der Branchenprimus will den Aktionären zwischen 24 und 25 Euro je Anteilsschein bieten. Dies ist weniger, als die Deutsche Bank der Post für die bisherigen Anteile bezahlt hat und im Rahmen weiterer Vereinbarungen zahlen müsste. Der Briefkonzern hält derzeit noch zwölf Prozent an seiner früheren Banktochter. Ackermann erklärte, das Übernahmeangebot werde nach Freigabe durch die Finanzaufsicht BaFin bereits in der ersten Oktober-Hälfte erfolgen.

Der Kauf der Postbank-Mehrheit ist der Höhepunkt im Fusionskarussell der Branche in Deutschland. Erst 2008 hat die Commerzbank die Dresdner übernommen und in Commerzbank umfirmiert. Die Deutsche Bank hingegen hat bislang nur eher kleinere Konkurrenten gekauft wie etwa die Berliner Bank und die Norisbank. Mit der Postbank soll Ackermann nun der große Coup gelingen.