London. Unter dem Druck seiner Schulden plant Großbritannien, die Post zu versilbern, und zwar komplett. Nach langen Prüfungen kündigte die seit Mai amtierende konservativ-liberale Koalition an, die Royal Mail vollständig zu privatisieren. "Wir haben nicht vor, dass der Staat einen Anteil behält", sagte Industrieminister Vince Cable in einem Interview der BBC. Die Regierung hat es zudem eilig. Er hoffe, dass das Gesetz bereits im Winter vom Parlament verabschiedet werde, so Cable.

Protest der Gewerkschaften gegen die Pläne ist programmiert

Der Widerstand der Gewerkschaften ist der Regierung damit gewiss. Sie hatten noch 2009 das Kabinett unter Gordon Brown dazu gebracht, Überlegungen für einen Teilverkauf von 30 Prozent wieder fallen zu lassen.

Die britische Regierung setzte ihre Botschaft zum Wochenende ab und versuchte, Gegnern den Wind von vornherein aus den Segeln zu nehmen. Cable beschrieb das Vorhaben als alternativlos. Die Post gehe unter, wenn sie mitten in der Finanzklemme des Staates auf dessen Gelder angewiesen bleibe. "Die Royal Mail steht vor einer Kombination potenziell tödlicher Entwicklungen", so Cable. "Ein schrumpfendes Briefgeschäft, niedrige Investitionen, mangelnde Effizienz und eine schlimme Lage des Pensionsfonds."

Die Regierung stützt sich auf ein unabhängiges Gutachten, das der frühere Aufsichtschef Richard Hooper erstellt hat. Demnach sollte die Royal Mail an einen industriellen Investor gehen oder an die Börse gebracht werden. Eine finanziell klamme Regierung werde sich schwertun, die nötigen Investitionen aufzubringen, stellte Hooper fest. Dem Gutachten zufolge wird das Briefgeschäft trotz des Monopols auf die Zustellung wegen Internet und E-Mail in den kommenden fünf Jahren um bis zu 40 Prozent zurückgehen. Das Loch in der Pensionskasse war demnach bereits im März acht Milliarden Pfund (9,7 Milliarden Euro) tief.

Die Privatisierung haben die Konservativen und Liberalen schon in ihrem Koalitionsvertrag ins Auge gefasst. Damals aber beteuerten sie noch, dass das Unternehmen mit seinen mehr als 150 000 Mitarbeitern überwiegend im öffentlichen Besitz bleiben werde. Zu den Ideen der Koalition gehört es Cables Worten zufolge nach wie vor, die Mitarbeiter am privatisierten Konzern zu beteiligen.