Lebenswerk-Preisträger Karl-Otto Wulff hat sein Bauunternehmen von der ersten in die dritte Generation geführt

Hamburg. Auf dem Fernsehschirm im Foyer des Bauunternehmens Otto Wulff gehen Bilder sanft ineinander über. Feine Bauarbeiten werden dort präsentiert. Moderne und architektonisch auffällige Wohnanlagen hat das Unternehmen in den vergangenen Jahren gebaut wie etwa am Kaiserkai in der HafenCity oder auf dem Bavaria-Gelände in der Hopfenstraße. Geschäftshäuser wie das Shanghai-Tourismus-Center in Rotherbaum sind dabei, eine Meridian-Wellness-Anlage in Poppenbüttel, aber auch Sanierungsarbeiten wie jene an der Kuppel des Alten Elbtunnels oder an einem Herrenhaus in Wellingsbüttel.

Karl-Otto Wulff hat das Familienunternehmen in den vergangenen 50 Jahren wesentlich zu dem gemacht, was es heute ist. Hört man von der Baubranche, geht es heutzutage meist um Krisen, im Zweifel auch mal um spektakuläre Großprojekte von Baukonzernen wie etwa die Elbphilharmonie - wobei mit Blick auf Kosten und Zeitpläne auch dort Krisenstimmung herrscht. Geprägt jedoch wurde und wird das Hamburger Stadtbild von Bauunternehmen wie Otto Wulff. Dafür wurde Karl-Otto Wulff gestern beim Hamburger Gründerpreis für sein Lebenswerk geehrt.

Seit der Gründung im Jahr 1932 residiert das Unternehmen auf demselben Grundstück in Billstedt im Hamburger Osten. Der 71-Jährige sitzt mit seinem Sohn Stefan, 44, in einem Konferenzraum. Der Junior hat die Geschäftsführung im Jahr 2005 übernommen. Doch der Senior steht mit Rat und Tat weiter zur Verfügung: "Ich arbeite heute so gut mit meinem Sohn zusammen wie mein Vater früher mit mir."

Krisen in der Branche musste Karl-Otto Wulff früher ebenso meistern wie nun sein Sohn. Die Aufbaujahre nach dem Krieg, die heutzutage gern als Jahre des "Wirtschaftswunders" verklärt werden, waren in Wulffs Erinnerung hart - obwohl im von Bomben zerstörten Hamburg ein immenser Bedarf an neuen Wohn- und Geschäftshäusern herrschte. "Es war damals sogar noch schwerer als heute, gute Fachkräfte zu bekommen", sagt Wulff. "Die Hamburger Zeitungen waren voll von Stellenangeboten für Maurer, Zimmerleute, Poliere und andere Spezialisten." In den 50er- und 60er-Jahren hätten ganze Kolonnen - Trupps von zwölf bis 14 Arbeitern - spontan gekündigt, wenn andere Bauunternehmen für die Akkordarbeit bessere Löhne zahlten. "Mehr als einmal stand ich morgens um sieben mit zwei Kästen Bier in der Hand am Bau und habe verhandelt", sagt Wulff.

Sein Vater Otto gründete das Unternehmen in den 30er-Jahren mit einem Vetter als Zimmerei und Holzbaubetrieb. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es zum Bauunternehmen. Karl-Otto Wulff bereitete sich mit seiner Ausbildung zielstrebig auf das Familienunternehmen vor. 1960 begann er dort seine berufliche Laufbahn. Sein Sohn Stefan absolvierte zunächst eine Banklehre und begann ein Jurastudium - doch er landete, mit einem Abschluss als Architekt, später ebenfalls am Bau. "Nach den Eindrücken beim Jurastudium arbeitete ich eine zeitlang auf Baustellen. Da wurde mir klar, dass ich etwas Handfestes machen muss", sagt er.

Damals wie heute erlebt die Baubranche einen schnellen Wandel. Nach dem Krieg betraf das vor allem die Bautechnologien, etwa mit der Ausbreitung des Betonbaus. Nun geht es eher um das Innenleben. "Die Gebäude werden mit ihrer Kommunikations-, Licht und Klimatechnik immer anspruchsvoller, vergleichbar einem Hightech-Produkt", sagt Stefan Wulff, der verstärkt auch Gebäudemanagement betreibt.

Viele Unternehmen haben die Umbrüche in der Bauwirtschaft während der vergangenen Jahrzehnte nicht überlebt. Von 25 mittelständischen Baufirmen in den 70er-Jahren existieren heutzutage in Hamburg noch drei, darunter Otto Wulff. Rund 330 Mitarbeiter hat das Unternehmen heute. 30 davon sind Auszubildende, und auf diese hohe Zahl sind Vater und Sohn besonders stolz. Der Nachwuchs arbeitet in einem wirtschaftlich gesunden Unternehmen. Das liegt auch daran, dass Karl-Otto Wulff und sein Sohn die Möglichkeiten der Firma richtig einzuschätzen wissen. Ein Projekt wie die Elbphilharmonie käme für die Wulffs auch als Hamburger Traditionsunternehmen nicht infrage: "Das wäre für uns ein paar Klassen zu groß", sagt Karl-Otto Wulff. "Da wird zu viel bewegt."