Kai-Uwe Ricke soll die illegalen Nachforschungen nicht rechtzeitig untersagt haben

Bonn. In der Telekom-Spitzelaffäre bahnt sich eine Wende an: Ein ehemaliger Sicherheitsmitarbeiter des Konzerns hat Ex-Konzernchef Kai-Uwe Ricke am Freitag beim Prozessauftakt vor dem Landgericht Bonn schwer belastet. Klaus T. erklärte, er habe Ricke bereits wesentlich früher als bislang bekannt in seine illegalen Nachforschungspläne eingeweiht. Damit gerät der einstige Topmanager wieder ins Visier der Staatsanwaltschaft. Sie hatte im Juni die Ermittlungen gegen Ricke eingestellt. Dem Manager und auch Ex-Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel konnte nicht nachgewiesen werden, den Auftrag für das Ausspähen von Aufsichtsräten, Gewerkschaftern und Journalisten gegeben zu haben.

Die Telekom-Führung war 2005 fieberhaft auf der Suche nach einem Insider, der Interna an die Presse weitergab. Ricke hatte deshalb die Konzernsicherheit mit der Suche nach dem Informanten beauftragt. Nun gab Klaus T. zu Protokoll, er haben Ricke bereits im Januar 2005 in einem Vier-Augen-Gespräch vorgeschlagen, die Telefondaten von mutmaßlichen Insidern zu erfassen - ein klarer Rechtsverstoß. Ricke hätte demnach die illegalen Schnüffelmethoden schon damals verbieten können.

Der Bonner Staatsanwalt Ulrich Kleuser will der neuen Spur nachgehen: "Falls das stimmt, könnten die Ermittlungen gegen Ricke wieder aufgenommen werden", kündigte Kleuser an. Ein Sprecher von Ricke erklärte jedoch, der Ex-Telekom-Chef weise alle Vorwürfe zurück. Das von Klaus T. im Prozess erwähnte Vier-Augen-Gespräch habe nie stattgefunden. Auch Zumwinkel hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen.

Jetzt sitzen drei ehemalige Mitarbeiter der Sicherheitsabteilung der Telekom auf der Anklagebank. Der vierte Beschuldigte, der Chef einer Berliner IT-Firma, blieb dem Prozess wegen einer Erkrankung fern. Für die Verletzung des Fernmeldegeheimnisses und Verstöße gegen das Datenschutzgesetz drohen ihnen bis zu fünf Jahre Haft.

Staatsanwaltschaft lässt Konzernzentrale durchsuchen

Unterdessen hat die Staatsanwaltschaft Bonn weitere Ermittlungen gegen die Telekom aufgenommen. Dabei geht es um einen Bestechungsverdacht bei der ungarischen Tochter Magyar Telekom. Die Konzernzentrale in Bonn sei vor wenigen Tagen durchsucht worden, bestätigten sowohl die Behörde als auch der Konzern. Bei den Ermittlungen gehe es um unregelmäßige Zahlungen in den Büchern von Magyar Telekom. Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" sollen bei Geschäften der Magyar in Mazedonien und Montenegro Politiker und Regierungsbeamte insgesamt Beträge in einstelliger Millionenhöhe erhalten haben.