Verzögerung des Verkaufs der Warenhauskette erschwert die aktuellen Bestellungen in Asien

Essen. Es ist Einkaufszeit im deutschen Textilhandel. In diesen Wochen bestellen die Einkäufer Hemden, Hosen, Kleider oder T-Shirts für die Frühjahrs- und Sommerkollektion 2011, zumeist bei Herstellern in Asien. Wie in jedem Jahr müssen die meisten Orders bis Mitte September platziert sein, damit die Container mit den Waren rechtzeitig in Deutschland sind. Das ist Routine für alle großen Textilketten.

Für die Einkäufer der insolventen Warenhauskette Karstadt ist in diesem Jahr jedoch alles anders: Denn sie wissen nicht, ob die Textilfabriken in China oder Bangladesch wegen der Turbulenzen in Essen überhaupt bereit sind, ihnen genügend Ware zu liefern. Wegen der unklaren Eigentümerfrage befürchten viele, dass Karstadt nicht zahlt.

Erst am 3. September will das Amtsgericht Essen entscheiden, ob Kaufinteressent Nicolas Berggruen das Unternehmen nun bekommt oder nicht. Sollte es abermals eine Verzögerung geben, ist die Warenversorgung für das kommende Frühjahr ernsthaft in Gefahr. Deshalb versuchen die Karstadt-Einkäufer auf ihren Asien-Dienstreisen in diesen Tagen nicht nur einzukaufen, sondern vor allem, ihre Lieferanten zu beruhigen. Und ihnen zu versichern, dass es mit Karstadt weitergehe. "Viele der Lieferanten haben schon bei der Quelle-Insolvenz und der anschließenden Abwicklung viel Geld verloren", sagt ein Einkaufsmanager. Bei Quelles Schwesterunternehmen soll ihnen dasselbe nicht noch einmal passieren: Deshalb halten sich die Hersteller mit Lieferzusagen jetzt extrem zurück.

Es ist unklar, wer für die Bestellungen in Millionenhöhe geradesteht

Mit der offenen Eigentümerfrage ist die Unsicherheit verbunden, wer in Essen für die Bestellungen im Wert von mehr als hundert Millionen Euro pro Monat für alle Warengruppen geradestehen wird. Ohne diese Sicherheit werden die Hersteller kaum noch liefern. Bestenfalls schicken die Lieferanten Karstadt dann noch Waren gegen Vorkasse. "Aber das halten wir finanziell nicht lange durch", heißt es in Essen, schnell wären die finanziellen Rücklagen aufgebraucht. Lücken in Regalen könnten die Folge und das untrügliche Zeichen des bevorstehenden Endes sein. So war es 2009 bei Hertie: Erst kam die Insolvenz, dann stockte der Verkaufsprozess, schließlich kam kaum noch Ware - und am Ende wurde Hertie abgewickelt. Die Hängepartie belastet entsprechend auch die Nerven der rund 25 000 Karstadt-Mitarbeiter.

Nur wenn Berggruen im Gerichtstermin am 3. September tatsächlich den finalen Zuschlag bekommt, könnten seine Leute die Bestellungen vielleicht gerade noch rechtzeitig unterschreiben. Dann wäre das Lieferproblem wohl gelöst. Gibt es weitere Komplikationen, müsste Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg für weitere Millionensummen einkaufen gehen. Es sei denn, der Italiener Maurizio Borletti, der die Warenhausketten La Rinascente und Printemps betreibt, erhält doch den Zuschlag für die Übernahme. Nach seinen Worten stehe die Finanzierung des Kaufpreises von 100 Millionen Euro.