Hamburg. Lidl spionierte über Jahre die eigenen Mitarbeiter aus, Kik lässt Kleidung unter menschenunwürdigen Bedingungen herstellen und selbst Bioketten wie Alnatura zahlen ihren Kassiererinnen nur unter Druck Tariflöhne: Schlechte Bezahlung und unsoziale Arbeitsbedingungen scheinen im deutschen Handel an der Tagesordnung zu sein.

Um diese Missstände zu ändern und positives Verhalten von Firmen zu belohnen, plant die Gewerkschaft Ver.di nun einen Einkaufsführer für den Hamburger Einzelhandel. In ihm sollen diejenigen Geschäfte verzeichnet sein, die sich besonders für die Einhaltung fairer Arbeitsbedingungen einsetzen. "Wir wollen den Kunden eine Einkaufshilfe an die Hand geben, mit der sie bewusst die Unternehmen unterstützen können, die sich an soziale Grundstandards halten", sagte Ver.di-Fachbereichsleiter Arno Peukes am Freitag in Hamburg. Mit einer guten Bewertung können danach diejenigen Firmen rechnen, die ihren Beschäftigten Tariflöhne sowie Spät- und Nachtzuschläge zahlen, Mehrarbeit entlohnen, ihrer Ausbildungsverpflichtung nachkommen und die Bildung von Betriebsräten unterstützen. Der Einkaufsführer soll nach Stadtteilen und sogar einzelnen Filialen aufgeschlüsselt sein und wird voraussichtlich im Herbst sowohl in gedruckter Form als auch im Internet erscheinen. Zudem will die Gewerkschaft besonders vorbildliche Unternehmen Ende des Jahres für ihr Engagement auszeichnen.

Die Kriterien von Ver.di für einen fairen Handel heben sich allerdings deutlich von anderen Organisationen wie beispielsweise Transfair ab, die besonderen Wert auf gerechte Löhne für die Produzenten einzelner Waren in den Herstellerländern legen. "Die jetzt gestartete Kampagne ist nur ein erster Schritt", sagte dazu Fachbereichsleiter Peukes. "In den kommenden Jahren wollen wir die Kriterien zusammen mit anderen gesellschaftlichen Gruppen wie etwa den Kirchen weiterentwickeln."