Kunden telefonieren zu wenig. Kartenguthaben wird aber erstattet

Hamburg. "Ich habe gut 30 Euro auf meiner Handykarte." Die 72-jährige Rentnerin ist ratlos. Denn gerade hat ihr die Telekom angedroht, den Vertrag zu kündigen, falls sie ihr Guthaben auf der Karte nicht erhöht. "Warum soll ich dies tun? Ich telefoniere nur ganz wenig", sagt sie. Doch genau dies ist der Grund für die Kündigung. Die Telekom will sich von Telefonmuffeln trennen, die ihr Handy kaum nutzen. Konkret geht es um Prepaid-Kunden, die nur dann telefonieren können, wenn sie ein Guthaben auf der Karte haben.

"Oft sind Zweithandys mit Prepaid-Karten versehen", sagte Boris Wita von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein dem Abendblatt. Viele Familien geben ihren Kindern ein solches Mobiltelefon, weil sie damit die Kosten besser unter Kontrolle haben. Nach der Kündigung meldeten sich in den vergangenen Tagen bereits 30 bis 40 verunsicherte Kunden bei den Kieler Verbraucherschützern. Sie sind verärgert und verunsichert, weil sie um das Guthaben auf der Handykarte fürchten. "Das bekommen die Kunden zurückerstattet", sagte Telekom-Sprecher Dirk Wende dem Abendblatt.

Telekom hat sich in nur drei Monaten von 700 000 Kunden getrennt

Angaben darüber, wie viele Verträge des Unternehmens derzeit gekündigt werden, wollte er nicht machen. Aber allein in den letzten drei Monaten des vergangenen Jahres hat das Unternehmen sich von 700 000 Kunden getrennt. Bei vielen nur deshalb, weil sie ihr Handy in den vergangenen zwei Jahren nicht genutzt haben. Wenigtelefonierer bringen dem Konzern keine Einnahmen, sondern kosten Geld. Für jeden Kunden wird extra eine Telefonnummer eingerichtet. Und beim Trend zum Zweit- oder Dritthandy werden die verfügbaren Nummern knapp.

Die Kunden können sich gegen eine Kündigung nur wehren, wenn sie ihr Kartenguthaben erhöhen oder mehr telefonieren. Das will die 72-jährige Hamburgerin nicht. Sie sucht sich jetzt einen neuen Anbieter.