Billigkette wirbt mit frisch gebackenem Brot aus dem Automaten. Doch die Bäcker halten die Ware nur für aufgewärmt

Hamburg. Brot und Brötchen per Knopfdruck, den ganzen Tag über frisch gebacken und zu Niedrigpreisen ab 15 Cent pro Rundstück: Mit diesem Angebot hat der Discounter Aldi Süd den deutschen Bäckern den Kampf angesagt. Flächendeckend ist die Billigkette gerade dabei, 1780 Filialen in West- und Süddeutschland mit seinen sogenannten Backöfen auszurüsten.

Doch mit der Werbung für diese Backstationen könnte es schon bald vorbei sein. Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks hat Aldi Süd jetzt nämlich vor dem Landgericht Duisburg wegen irreführender Werbung verklagt. Aus Sicht der Bäcker werden Brot und Brötchen in den Öfen allenfalls erhitzt oder gebräunt. "Wir bezweifeln, dass bei Aldi in wenigen Minuten tatsächlich ein ganzes Brot gebacken werden kann", sagte Verbandspräsident Peter Becker dem Abendblatt. Geliefert würden vielmehr fertig gebackene Brote und Brötchen von der Großbäckerei Lieken, die nur kurz erwärmt würden. "Wir wollen, dass dieses Verfahren von einem unabhängigen Experten begutachtet und die irreführende Werbung gestoppt wird", sagte Becker, der in Hamburg-Harburg selbst mehrere Bäckereifilialen betreibt.

Der Discounter wies die Vorwürfe hingegen zurück. Aldi Süd habe vielmehr eine "technische Innovation" entwickelt, die das "automatische Backen sowie die Entnahme der Backstücke bei höchsten Hygieneanforderungen" ermögliche, teilte die Billigkette auf Anfrage des Abendblatts mit. "In einem separaten Raum werden vom Lieferanten bezogene Teiglinge gebacken, im Ofen findet aufgrund der langen Erhitzung eine sogenannte Verkleisterung des Mehls statt", so Aldi Süd weiter. Von einer bloßen "Bräunung" der Ware könne keine Rede sein. Eine außergerichtliche Einigung mit den Bäckern hatte der Discountriese zuvor bereits abgelehnt.

Der Ärger der Bäcker entzündet sich allerdings nicht nur am Herstellungsverfahren, sondern auch am Inhalt der Backwaren selbst. Nach Ansicht des Zentralverbandes enthalten einzelne Brotsorten nicht die branchenüblichen Mindestmengen für Mehl und Getreide. Konkret geht es den Bäckern um das Roggenmischbrot "Unser Rustikales" und das Dinkelvollkornbrot "Unser Uriges". Auf Handzetteln für Kunden warb Aldi damit, dass das Roggenmischbrot aus dem Backshop 34 Prozent Roggenmehl enthält, das Dinkelvollkornbrot 42 Prozent. Das Deutsche Lebensmittelbuch, eine Sammlung von Leitsätzen zur Herstellung von Nahrungsmitteln, sieht für Roggenmischbrot jedoch einen Roggenmehlanteil zwischen 50 und 90 Prozent vor, für Dinkelvollkornbrot einen Anteil von mindestens 90 Prozent Dinkelerzeugnissen.

Aldi wies auch diesen Vorwurf zurück, Entscheidend für die Produktbezeichnung als Roggenmischbrot sei nicht der Anteil des Mehls im Endprodukt, sondern die Gesamtmenge des verwendeten Getreides von mindestens 50 Prozent Roggenmehl. "Dies ist bei unseren Produkten gegeben", so das Unternehmen.

Generell sind die immer beliebteren Backstationen den deutschen Bäckern schon seit Langem ein Dorn im Auge. Ketten wie Edeka oder Rewe setzen seit Jahren auf entsprechende Automaten. Auch der Discounter Lidl stattet neue Filialen derzeit mit Backstationen für Brot- und Brötchen aus und rüstet ältere Geschäfte nach. "Der Einsatz dieser Stationen hat den Verdrängungswettbewerb im Backgewerbe weiter verschärft", sagt Becker. Derzeit gibt es nach Verbandsangaben noch knapp 15 000 Bäckereien in Deutschland. Etwa zwei Prozent der Betriebe hätten im vergangenen Jahr ihr Geschäft aufgeben müssen. Aus Sicht des Verbands setzen die Supermärkte die Backautomaten ganz gezielt dazu ein, um die Frequenz in den Geschäften zu erhöhen. "Sie sind nicht unbedingt darauf angewiesen, mit diesem Angebot auch Geld zu verdienen", so Becker. Daher könnten sie Brote oder Brötchen zu extrem günstigen Preisen anbieten.

Ob sich den Backautomaten allerdings juristisch beikommen lässt, ist mehr als fraglich: Selbst wenn sich die Bäcker jetzt gegen den Discountriesen Aldi durchsetzen sollten, können sie der Billigkette allenfalls die Art der Werbung verbieten lassen. Der Einsatz der Geräte selbst steht außer Frage. Aldi Süd teilte gestern denn auch selbstbewusst mit, man sei mit den Reaktionen der Kunden auf das neue Angebot sehr zufrieden. Bisher habe man einige Hundert Filialen mit den neuen Backöfen ausgestattet und arbeite daran, das Konzept in allen Filialen umzusetzen.

"Auf Dauer werden wir uns nur mit Qualität und Vielfalt gegen die Backstationen behaupten können", weiß daher auch Verbandspräsident Becker.