Es geht um 179 Tankjets. Ein Sieg brächte Arbeit für Hamburg

Hamburg. Schon in dem Angebot steckt sehr viel Arbeit: Mehr als 8800 Seiten umfassen die Dokumente, mit denen sich der Airbus-Mutterkonzern EADS um den Megaauftrag über neue Tankjets für die US-Luftwaffe bewirbt. Nicht weniger als 372 Anforderungen muss der Sieger erfüllen. Am Freitag ist die Angebotsfrist abgelaufen, nun ist das Rennen offen.

Am 12. November soll sich entscheiden, wer gewonnen hat. Konkurrent von EADS ist der US-Konzern Boeing, außerdem hat auch ein Konsortium aus dem kleinen kalifornischen Zulieferunternehmen U.S. Aerospace und dem ukrainischen Transportflugzeugbauer Antonow sein Interesse an der Ausschreibung bekundet. Ihnen werden in Fachkreisen jedoch keine realistischen Chancen eingeräumt.

Es geht um immens viel Geld: Zunächst will die US-Luftwaffe 179 Flugzeuge ersetzen, deren Konstruktion noch aus den 1950er-Jahren stammt. Dieser Auftrag ist 35 Milliarden Dollar (knapp 28 Milliarden Euro) wert. Doch insgesamt müssen die Amerikaner in den kommenden Jahren sogar 534 veraltete Tanker für geschätzt rund 100 Milliarden Dollar ausmustern.

Der Airbus-Jet ist leitungsstärker, die Boeing-Maschine günstiger

EADS schickt eine militärische Version des Mittel- und Langstreckenjets Airbus A330 ins Rennen. Die Tankerausführung dieser Maschine ist bereits von Großbritannien, Australien, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten bestellt worden. "Unseres ist das einzige in dieser Ausschreibung angebotene Flugzeug, das bereits fliegt", sagt dazu Ralph Crosby, Chef der Nordamerikasparte von EADS. Zudem transportiere ein A330 mehr Treibstoff, mehr Fracht und mehr Passagiere über größere Distanzen als das von Boeing vorgesehene Flugzeugkonzept.

Der US-Rivale tritt mit einer modernisierten Ausführung des Verkehrsjets 767 an. Diese Maschine sei kostengünstiger als der größere und schwerere A330 und werde den US-Steuerzahlern über die gesamte Nutzungsdauer allein zehn Milliarden Dollar Treibstoffkosten ersparen, argumentiert Boeing.

"Das Volumen des Auftrags lockt natürlich", sagt der Hamburger Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt, "aber wenn man bedenkt, dass die Bieter über eine Vertragslaufzeit von 20 Jahren einem Festpreis zustimmen müssen, wird schnell klar, dass damit erhebliche wirtschaftliche Risiken verbunden sind."

Airbus will im Fall des Sieges ein neues Montagewerk in den USA bauen

Zwar führt Boeing offen und hinter den Kulissen nationalistische Argumente ins Feld, um den Auftrag zu ergattern. EADS kontert jedoch mit der Zusicherung, im US-Bundesstaat Alabama ein Montagewerk zu bauen, falls man den Zuschlag erhalte. Dort soll dann nicht nur der A330-Tanker gebaut werden, sondern auch die Frachtversion des Jets. "Damit könnte Airbus das seit Langem gewünschte Werk im Dollar-Raum realisieren", so Großbongardt. Auch auf die Produktion in Hamburg hat der Ausgang des Rennens daher Einfluss: Im Werk auf Finkenwerder werden die vorderen und hinteren Rumpfsegmente des A330 gebaut und an die Endmontagelinie in Toulouse geliefert. Die Teile für einen US-Tanker würden stattdessen nach Alabama geschickt, wie es von Airbus heißt.

Im Jahr 2008 hatte EADS die Ausschreibung um den Megaauftrag schon einmal gewonnen. Nach Protesten von Boeing musste der Bieterprozess neu eröffnet werden.