Das Familienunternehmen aus Niedersachsen trotzt der Finanzkrise. 14 Prozent Absatzplus sind geplant. Energiesparende Deckenheizungen im Test.

Fallingbostel. Draußen rauschen die Autos vorbei. Das weiße Einfamilienhaus im Bauhausstil steht keine 50 Meter von der Autobahn entfernt. Andreas Viebrock gewinnt diesem Umstand nur Vorteile ab. Er öffnet kurz das Fenster "Keine besondere Schallisolierung", sagt er, nachdem er es wieder geschlossen hat. Die Ruhe im Raum soll die Qualität der Kunststofffenster unterstreichen. Der Maurermeister und Bauunternehmer mischt sich gern mal selbst mit solchen Bemerkungen in Verkaufsgespräche mit Kunden ein. Seit er das Reiten als Hobby aufgegeben hat, bleibt noch mehr Zeit für die Musterhausparks.

Bei Immobilien zählt nur die Lage, sagen die Profis. Die Lage ist ideal für Deutschlands größten Massivhauspark. Direkt an der Autobahn 7 in Fallingbostel, 80 Kilometer vor den Toren Hamburgs, stehen 20 komplett eingerichtete Viebrock-Häuser, rund die Hälfte der zur Verfügung stehenden Typen. Bis zu 1500 Besucher kommen jedes Wochenende. Besser als jeder Fernsehspot sorgt die Verkehrsader für die Bekanntheit des Massivhausbauers aus dem niedersächsischen Harsefeld. "60 Prozent der Leute kennen uns von der Autobahn", sagt Andreas Viebrock, Vorstandsvorsitzender der Viebrockhaus AG, einem Familienunternehmen. Insgesamt hat die Firma Musterhausparks an sieben Standorten. In diesem Jahr sollen 1000 Häuser bundesweit verkauft werden, 14 Prozent mehr als im Vorjahr und fast 40 Prozent mehr als 2008. In das Geschäft kommt wieder Dynamik. "Bis September sind wir bereits ausgelastet", sagt Viebrock.

Sein Vater brauchte noch keine Musterhausparks. Er legte 1954 den Grundstein des Unternehmens und bot zwei verschiedene Haustypen an. "Welche Art Verblender an das Haus kamen, erfuhren die Kunden erst bei der Anlieferung der Steine", erzählt Viebrock. In Spitzenzeiten bauten die Viebrocks damals 250 Häuser im Jahr. Als sein Sohn mit 27 Jahren nach einem Architekturstudium das Ruder in der Firma übernahm, hatte er noch keinen Plan. Öffentliche Bauten hatten die Einfamilienhäuser verdrängt. Doch Viebrock wollte zurück zu den Wurzeln des Unternehmens - nur mit mehr System.

Obwohl er nie in der Autoindustrie gearbeitet hat, blickt er gern auf Deutschlands Vorzeigebranche. Die Systematik mit der aus vorgefertigten Komponenten Autos gebaut werden, übernahm er für seine Baustellen: Material gleich am Verarbeitungsort absetzen, alle Keller aus Beton fertigen, stets das gleiche Personal auf den Baustellen einsetzen und viele vorgefertigte Elemente verwenden.

"Beton- und Maurerarbeiten machen wir selbst. Die übrigen Ausbauarbeiten werden von stets den gleichen Partnerfirmen übernommen", sagt Viebrock. Er greift gern auf seine Familie zurück. Die Dachdeckerei wird vom Schwager geführt, die Firma der Cousine erledigt den Trockenbau. Alle Handgriffe und Materialien sind zertifiziert. "Das ist bislang einzigartig in Deutschland. Es geht darum, Fehlerquellen zu vermeiden und eine Bauzeit von drei Monaten einzuhalten", sagt Viebrock. Eine Garantie von zehn Jahren für das Haus beinhaltet die Mängelfreiheit von Materialien und Gewerken. Das erinnert wieder an die Autoindustrie mit ihrer Durchrostungsgarantie. Seine Häuser vergleicht Viebrock mit einem Audi. Das preiswerteste Haus kostet rund 150 000 Euro, ohne Grundstück.

"Mit der Garantiezeit von zehn Jahren hebt sich Viebrock von anderen Anbietern ab", sagt Frank Staudinger vom Verband Privater Bauherren. Dennoch rät er Bauherren nicht, auf einen eigenen Bausachverständigen zu verzichten. "Viebrock ist sehr schnell und zuverlässig, aber nicht fehlerfrei", sagt Staudinger aus Erfahrung.

Bei hohen Ansprüchen muss auch in Personal investiert werden. Seinen Bauleitern stellt Viebrock einen zum Büro umgerüsteten VW-Bus mit Fahrer. Sie sollen sich ganz auf die Baustellen konzentrieren. Statt eines Bauwagens nutzen die Beschäftigten einen umgebauten Fiat Ducato, der gleichzeitig als Transportmittel zu den Baustellen dient. Natürlich gibt es bei Viebrock im Sommer auch einheitliche Werksferien - ganz wie in der Autoindustrie.

Eine ausgeklügelte Logistik und ein aufschiebbares, beheiztes Zelt über dem Haus ermöglichen das Bauen auch im Winter. "So konnten wir in diesem Jahr auch im Januar und Februar durcharbeiten", sagt Wolfgang Werner, Geschäftsführer der Andreas Viebrock GmbH, die für Bauplanung und Bauausführung sorgt. "Darum haben uns viele Unternehmen beneidet."

Massivhäuser werden - im Gegensatz zu Fertighäusern - meist von kleineren Firmen errichtet. Die Branche ist deshalb sehr stark zerklüftet. Nur wenige Anbieter wie Town & Country oder Heinz von Heiden errichten mehr als 1000 Häuser im Jahr. Viebrock gehört zu den fünf größten Unternehmen der Branche. "Unsere härteste Konkurrenz sind die vielen kleinen Anbieter", sagt Viebrock, der seinen Marktanteil in Hamburg und Norddeutschland mit zehn Prozent beziffert.

"Unsere Finanzkrise war der Wegfall der Eigenheimzulage vor fünf Jahren", sagt Viebrock über den stärksten Einschnitt in der Firmengeschichte. "Da mussten leider auch Leute gehen. Heute haben wir mit 470 Mitarbeitern fast die alte Beschäftigtenzahl wieder erreicht." Rechnet man Franchisepartner und Ausbaugewerke von Partnerfirmen mit hinzu, arbeiten fast 2000 Beschäftigte für Viebrock. Die interessantesten Märkte für die Zukunft sieht er in der Metropolregion Hamburg und dem Rhein-Main-Gebiet.

Frühzeitig setzt Viebrock auf eine energiesparende Bauweise. Das Drei-Liter-Auto inspirierte ihn bereits vor elf Jahren zum Drei-Liter-Haus. Das Gebäude darf höchstens drei Liter Heizöl je Quadratmeter Wohnfläche pro Jahr verbrauchen. Ein Zehntel dessen, was mancher Altbau noch verbraucht. Inzwischen kommen seine Häuser ganz ohne Öl oder Gas aus. So wie bereits im Musterhauspark Fallingbostel sind alle Häuser mit einem zum Teil selbst entwickelten Wärmepumpensystem, das die Erdwärme ausnutzt, ausgestattet. Mehr als 600 Euro im Jahr kosten in einem 145-Quadratmeter-Haus Heizung und Warmwasser damit nicht.

Schon tüftelt er an neuen Lösungen zur Energieeffizienz. Deckenheizung statt Fußbodenheizung heißt das Zauberwort. Die Effizienz wird in Fallingbostel gerade getestet. "Die Vorlauftemperatur kann noch einmal zwei Grad niedriger sein und die Wärme von der Decke wird von den Bewohnern angenehmer empfunden", sagt Viebrock. Noch im Herbst soll die Serienreife erreicht sein. Dann wäre er der Konkurrenz wieder ein Stück voraus.

Auch für die Zukunft des Konzerns hat der 52 Jahre alte Unternehmer gut vorgesorgt: mit drei Söhnen. Zwei haben Maurer gelernt, der jüngste geht noch zur Schule. Ein Börsengang wie beim kleineren Wettbewerber Helma steht nicht zur Debatte. "Wir bleiben ein Familienunternehmen und wollen uns nicht anders aufstellen."