Hamburg. Nach dem Einbruch im Winter wird Hamburgs Wirtschaft in diesem Jahr wieder Fahrt aufnehmen, im Hinblick auf die Wachstumsrate aber leicht hinter dem Bundesschnitt zurückbleiben: Für Deutschland prognostiziert Michael Bräuninger, Forschungsdirektor des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI), ein Plus von 0,5 Prozent im Jahr 2012, während Hamburg nur um 0,4 Prozent zulegen werde.

Ursache dafür sei die Wirtschaftsstruktur der Hansestadt: "Hamburg hat den bei Weitem höchsten Dienstleistungsanteil unter allen Bundesländern", erklärt Bräuninger. "Die geringe Konjunkturabhängigkeit des Dienstleistungssektors hat in der Krise stabilisierend gewirkt, erweist sich in Phasen des Aufschwungs aber als Hemmschuh." Diesen Effekt und das eher schwache Wachstum im verarbeitenden Gewerbe in Hamburg könne auch der Hafen, der von der anhaltenden Dynamik in Schwellenländern wie China profitiert, nicht ausgleichen. Die Hafenwirtschaft mache in Hamburg nur etwa zehn Prozent der Wirtschaftsleistung aus, in Bremen sei der Anteil höher.

Unter den norddeutschen Bundesländern werden der Prognose zufolge Bremen (0,7 Prozent) und Niedersachsen (0,5 Prozent) am besten abschneiden, während Schleswig-Holstein (0,3 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (0,2 Prozent) hinterherhinken.

In Bremen und Niedersachsen wirke sich der höhere Industrieanteil - etwa durch den Automobilbau - positiv aus, sagte der HWWI-Experte, wobei in Bremen zusätzlich noch der Hafen zum Wachstum beiträgt.

Im vergangenen Jahr war der Abstand zwischen Hamburg und dem Bund bezogen auf die Konjunktur noch wesentlich stärker ausgeprägt: Während die Wirtschaft in Gesamtdeutschland um 3,0 Prozent wuchs, erreichte Hamburg nur ein Plus von 1,4 Prozent. Trotz der deutlichen Abschwächung in diesem Jahr werde die Arbeitslosigkeit aber weiter zurückgehen, so Bräuninger. Auf längere Sicht wird nach seiner Auffassung die Energiewende positive Effekte auf die Wirtschaft im Norden haben. In den nächsten Jahren wirkten sich Investitionen in Offshore-Windparks und den Ausbau der Stromnetze aus, vor allem in Schleswig-Holstein und in Niedersachen. Indirekt profitiere aber auch Hamburg, weil hier Unternehmens- und Spartenleitungen der Windkraftbranche angesiedelt seien und außerdem die Finanzierung und Versicherung von Windparks für Beschäftigung sorge.

Bräuninger wies darauf hin, dass die Prognosen für 2012 mit erheblichen Risiken behaftet sind. Dazu gehört die Schuldenkrise. Schon jetzt zeichne sich ab, dass die Defizitziele in Krisenländern verfehlt werden, auch weil die Konjunktur dort schlechter läuft als vorgesehen. Das HWWI hat seine Studie im Auftrag der Unternehmer Positionen Nord, einer Initiative der HSH Nordbank, erstellt.