Berlin. "Wenn Früchte drauf sind, müssen die auch drin sein." Das fordert der Leiter des Projekts Lebensmittelklarheit der Verbraucherzentralen, Hartmut König. Im Internet hat er 200 Lebensmittel dokumentiert, bei denen die Hersteller nach Angaben der Verbraucherschützer mehr versprechen als sie halten - oder die Käufer durch geschicktes Design in die Irre führen.

Solche "Grauzonen" in der Vermarktung seien "ein Grundphänomen des Lebensmittelmarktes", kritisiert das private Institut Agrifood Consult. Es hat die Vermarktung von Lebensmitteln für die Verbraucherzentralen unter die Lupe genommen. "Im Lebens-mittelmarkt läuft etwas grundlegend schief. Zwischen Werbe- und Produktrealität klafft oft eine große Lücke", sagt der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Gerd Billen. Er fordert deshalb klarere Regeln und mehr staatliche Siegel nach dem Vorbild des offiziellen Biolabels - unter anderem für regionale Lebensmittel und Tierschutz. Es müsse ein "zweites Preisschild" für die Qualität geben. Verbraucher seien bereit, für Qualität "deutlich mehr Geld zu bezahlen", sagt Anke Zühlsdorf, Autorin der Agrifood-Studie.

Als Hauptproblem nennt sie, dass Verbraucher viele Qualitätsmerkmale von Lebensmitteln überhaupt nicht bewerten könnten. Ob ein Apfel wirklich vom Baum in der eigenen Region stammt, oder ob ein Schwein wirklich artgerecht gehalten wurde, ist den Produkten selbst nicht anzusehen. Unklare Regeln, irreführende Verpackungen und ein Wirrwarr an Siegeln und Gütezeichen erschwerten die Orientierung.

Die Lebensmittelbranche wies die Kritik zurück. "Die Unternehmen kennzeichnen die Produkte umfassend, verständlich und auf der Grundlage der geltenden gesetzlichen Regelungen auf den Verpackungen", teilte die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie mit. Die Qualität der Lebensmittel habe sich in Deutschland stetig verbessert. Der Branchenverband BLL erklärte, der Lebensmittelmarkt funktioniere.