Verbraucherzentrale erwartet Niederlagenserie für E.on Hanse

Hamburg. Der Bundesgerichtshof hat sein jüngstes Urteil zu Gaspreisen bereits vor vier Wochen gefällt. Doch erst mit der schriftlichen Begründung, die jetzt vorgelegt wurde, ergibt sich die Tragweite des Richterspruchs. Nach Einschätzung der Hamburger Verbraucherzentrale ist das Urteil eine "schallende Ohrfeige für E.on Hanse", sagt der Geschäftsführer Günter Hörmann. "E.on Hanse hat eine rechtswidrige Preisänderungsklausel in seinen Gasverträgen verwendet und wird nun in mehreren Hundert Prozessen gegen Gaskunden den Kürzeren ziehen."

Alle Kunden, die ihre Gasrechnungen seit 2004 gekürzt hätten, seien damit im Recht. Es sei zu erwarten, dass nun vor den Gerichten eine "Siegesserie für die Verbraucher" beginnt, so Hörmann. Insgesamt hätten in den vergangenen Jahren rund 55 000 Kunden Widerspruch gegen die Preise eingelegt, davon kürzten etwa 5000 ihre Rechnungen. E.on Hanse hatte gegen mehrere Hundert Kunden prozessiert, um die gekürzten Zahlungen einzuklagen.

Bisher entschieden die Gerichte in erster Instanz durchgängig für die Kunden. Doch E.on Hanse ging in vielen Fällen in Berufung. Die meisten Gerichte hatten das Verfahren ausgesetzt, um das BGH-Urteil abzuwarten. Entsprechend stehen diverse Urteile aus. "Wir erwarten jetzt eine millionenschwere Niederlagenserie für E.on Hanse", sagt Hörmann. Die Kunden könnten mit bis zu vierstelligen Rückerstattungen rechnen. Allerdings müssten all jene rund 50 000 Kunden, die ihre Rechnungen zwar unter Vorbehalt, aber gezahlt hatten, sich ihr Geld jetzt aktiv über den Klageweg zurückholen, sagt Hörmann.

E.on Hanse sieht dagegen seine Position durch das BGH-Urteil bestätigt, wonach nicht die Preise zu Vertragsabschluss als Basis für Anpassungen herangezogen werden können. "Wie die Hamburger Verfahren ausgehen, muss in jedem Einzelfall geprüft werden", sagt ein E.on-Hanse-Vertriebssprecher.

Dem BGH-Prozess lag eine Klage von E.on Hanse gegen einen Hamburger Kunden zugrunde. Die Richter entschieden, dass dieser zwar nicht den zu seinem Vertragsabschluss von 1998 geltenden Preis seinen Kürzungen zugrunde legen durfte, sondern nur den drei Jahre vor seinem 2005 erhobenen Protest. Damit wurde die Rechtswidrigkeit der Preisänderungsklausel festgestellt und der Rückforderungszeitraum der Ansprüche auf drei Jahre begrenzt.

Unterdessen verschickt E.on Hanse derzeit Zahlungserinnerungen an Kunden, die ihre Rechnungen gekürzt hatten. Die Verbraucherzentrale empfiehlt den Betroffenen, sich nicht einschüchtern zu lassen. Vielmehr sollte ein detaillierter Kostennachweis für jedes Jahr eingefordert werden. Die Angabe eines Gesamtbetrags genüge nicht.