Bilder gewinnen als Geldanlage zunehmend an Bedeutung. Auch Hamburger Galerien profitieren von dem Trend. Wichtige Tipps zum Markt.

Hamburg. Angesichts der Finanzkrise scheint Kunst für manche Investoren das neue Gold zu sein. Aktien versprechen längst keine sicheren Gewinne mehr, und Geld bei der Bank zu parken, kostet häufig mehr als es einbringt. Bei der Kunst kann die Rendite bei einem Anlagehorizont von sieben bis zehn Jahren dagegen schnell acht Prozent erreichen.

Warum also nicht Geld in etwas investieren, das Spaß macht und als Eintrittskarte in den Klub der kulturellen Elite gilt? So denken immer mehr Anleger, zeigen aktuelle Zahlen: Im vergangenen Jahr erzielten gleich mehrere Auktionshäuser Rekorderlöse.

"Die Anlage in Sachwerte wird immer wichtiger, gerade in Zeiten volatiler Börsen", sagt Stefan Horsthemke, Kunstexperte bei der Berenberg Bank, die mit der Art Advice im vergangenen Jahr eine eigene Gesellschaft für Kunstsammler gegründet hat. Die Privatbank aus Hamburg führt noch in diesem Jahr auch einen Kunstfonds in den Markt ein, so gefragt ist das Thema bei den Kunden.

+++ Gut acht Prozent Rendite - Kunst wird als Geldanlage attraktiv +++

Die wichtigsten Fragen und Antworten zur der Anlage in Kunst für Investoren, Liebhaber und Einsteiger beantwortet das Abendblatt.

Wie entwickeln sich die Preise im Kunstmarkt?

Branchenexperten rechnen für das Jahr 2012 mit weiter steigenden Preisen. Mengenmäßig werde zwar nicht mehr Kunst verkauft, Insider sind aber überzeugt, dass die gefragtesten Werke immer teurer werden. Eine wirkliche Wertsteigerung sei aber erst ab einem Preis von rund 30 000 Euro zu realisieren, sagt Anne Moerchen von der gleichnamigen Galerie in Pöseldorf. Schließlich müsse der Künstler schon sein Talent bewiesen und auf dem Markt einen Namen haben.

Wie sieht es bei Kunstwerken im Millionenwert aus?

Nach wie vor stehen große und immer größere Summen gerade für Investitionen in die bekanntesten Künstlermarken bereit. Weltweit suchen sehr wohlhabende Sammler die seltenen Werke, und das macht einen Preisverfall in dieser Klasse von Kunstwerken wenig wahrscheinlich. Untermauert wird diese Aussage auch durch ein Blick auf die weltweiten Vermögen: Die "Forbes"-Liste umfasst inzwischen 1210 Milliardäre, das sind 200 mehr als im Jahr zuvor. Auch ihr Vermögen ist gestiegen, um immerhin 20 Prozent.

Wie erkenne ich Bilder mit Renditechancen?

Vor allem die Popularität des Künstlers und die Verbreitung seines Werkes bei den wichtigsten Playern im Markt bestimmen den Preis, sagen Kenner. Je teurer das Werk, desto sicherer sei die Anlage, denn die meisten Investoren wollten nicht nur kleine Summen parken. Dazu kommt die Qualität des einzelnen Werkes. "Picasso hat drei Bilder am Tag gemalt, natürlich gibt es dabei Qualitätsunterschiede", nennt Stefan Horsthemke ein Beispiel. Der Käufer müsse sich fragen, wie gut das Bild in das Oeuvre des Malers passe, eventuell eine Materialanalyse erstellen lassen, um die Echtheit zu prüfen und Dokumentationen zum Bild fordern.

Wie hoch ist das Risiko bei der Anlage in Kunst?

Die Gefahr zu scheitern ist nicht gering. Auch für Kenner. Das sagt selbst der einflussreichste Sammler der Gegenwart, Charles Saatchi: Beim Kauf von fünf Bildern mache er mit lediglich einem einen Profit, zwei gebe er zum Einkaufspreis wieder ab und mit zweien erleide er Verluste.

Zeitgenossen, Alte Meister, Jungstars, wer bringt die höchsten Wertzuwächse?

Für Sammler, die das nötige Geld haben, ist Gerhard Richter tonangebend, große Klassiker wie französische Impressionisten, aber auch die Pop-Art-Künstler erleben eine starke Nachfrage, sagt Anne Moerchen. Deutsche Ex- und Impressionisten hätten in den vergangenen 20 Jahren Wertsteigerungen von acht bis zwölf Prozent erreicht, ergänzt Stefan Horsthemke von der Berenberg Bank. Bei der Galerie Levy in Eppendorf fragen die Kunden besonders häufig nach Pop-Art aus Spanien und den Surrealisten.

Wie kommen Preisexplosionen zustande wie bei Gerhard Richter?

Gerhard Richter kam zugute, dass er früh international ausgestellt worden ist. Vor Kurzem wurde eines seiner Kerzenbilder für umgerechnet 11,9 Millionen Euro versteigert. Im Jahr 1964 hatte sein Bild "Sekretärin" gerade einmal 450 D-Mark gebracht. Richter selber sagte einmal, die Preise seien "genauso absurd wie die Bankenkrise". Die Steigerung bewerte er als "unverständlich, albern, unangenehm".

Welche Trends gibt es in der Fotokunst?

In der Fotografie sind besonders die im Markt bereits gut etablierten Künstler und die jungen Ausnahmetalente chancenreich, sagt Monika Mohr von der gleichnamigen Photography Galerie am Mittelweg und nennt ein Beispiel für die Wertsteigerungen der vergangenen Jahre. "Noch vor acht Jahren verkauften wir die bemalten 50x60 Zentimeter großen Fotografien des US-Künstlers Peter Beard für Preise zwischen 5000 und 8000 Euro." Dann seien die Preise kontinuierlich gestiegen, auf kürzlich 70 000 Euro für ein Foto in dieser Größe. Nach Ansicht von Anne Moerchen hat der Boom um die Fotografie, der insbesondere auch in der Medienstadt Hamburg spürbar war, aber nachgelassen. "Eine Zeit lang habe ich gemerkt, dass man als ,Nicht-Fotogalerie' in Hamburg nicht mehr dem Mainstream entsprach, aber das hat sich wieder nivelliert", sagt die Galeristin.

Welche Nebenkosten kommen auf den Käufer zu?

Bei Auktionen gilt: Bis zu 30 Prozent des Wertes gehen sowohl beim Kauf als auch beim Verkauf an die Auktionshäuser. Dazu kommen Kosten für Verkaufsversuche und für den Erhalt des Werkes. Eine Versicherung kostet beispielsweise für ein Bild im Wert von 100 000 Euro rund 500 Euro im Jahr. Eine Änderung bei der steuerlichen Behandlung von Kunst könnte diese zudem schon bald in der Anschaffung bei Galerien verteuern. Die EU-Kommission fordert den regulären Steuersatz von 19 Prozent für den deutschen Kunsthandel: Künftig soll für Kunst der bisher reduzierte Steuersatz von sieben Prozent daher nicht mehr gelten.

Wer sind die Akteure im heutigen Kunstmarkt?

Im Moment steigen viele Spekulanten in den Markt ein, der natürlich auch von Liebhabern geprägt ist. "Die Wertanlage steht bei vielen Interessenten im Vordergrund", sagt Anne Moerchen, "vor ein paar Jahren wurde oft nur gekauft, was gefällt, heute wird öfters die Frage gestellt, ob der Künstler ein Investitionsobjekt ist."

Wie wirkt sich die wachsende Bedeutung von Chinesen aus?

Im vergangenen Jahr ist China zur größten Kunstsammlernation der Welt aufgestiegen, 33 Prozent des weltweiten Umsatzes werden hier getätigt. "Immer mehr meiner Kollegen fahren zur Kunstmesse nach Hongkong, weil dort einige sehr wohlhabende Investoren sitzen", sagt auch Thomas Levy von der gleichnamigen Galerie in Eppendorf.

Das Marktvolumen für schöne Künste betrug 2011 weltweit etwa elf Milliarden Dollar. Chinas Anteil daran stieg von 33 auf 39 Prozent. Auf Platz zwei folgten die Vereinigten Staaten mit 25 Prozent. Unter den 450 000 Künstlern, welche die Kunstbewerter Artprice beobachten, erzielten jetzt erstmals zwei chinesische Landschaftsmaler mit 507 und 445 Millionen Dollar für jeweils mehrere ihrer Bilder die höchsten Preise. Seit 1997 hatte bisher fast immer Picasso Rekorderlöse auf den Auktionen erzielt. Lediglich im Jahr 2007 war Andy Warhol erfolgreicher gewesen. 2011 belegte Warhol mit 325 Millionen Dollar Platz drei, Picasso erreichte mit 312 Millionen Dollar "nur" Position vier.

Gibt es Anlageformen wie Fonds, die in Kunst investieren?

Es gibt Art Capital Fonds, die allerdings sehr selten sind, sagt Stefan Horsthemke von der Berenberg Bank. Mit einer professionellen Investmentstruktur und Kunstmarkt-Know-how sollen die Fonds die Passion des Kunstsammelns mit guter Rendite verbinden. Bisher haben einige dieser Fonds eine Rendite von rund acht Prozent nach Steuern und Gebühren erreicht. Im Herbst will die Berenberg Bank selber einen solchen Fonds anbieten.

Wie wirkt sich die Nachfrage auf die Galerien aus?

Viele Galerien profitieren von der neuen Lust an Malerei, Fotografie und Grafik, hat eine Umfrage des Abendblatts ergeben. "Wir sind im Moment sehr zufrieden", sagt etwa Thomas Levy. Besonders die großen Namen seien gefragt. Etwas schleppender laufe der Verkauf von Bildern zu mittleren Preisen zwischen 10 000 bis 30 000 Euro. Erfolgreich sei er ebenfalls mit Werken bis zur 5000-Euro-Marke. "Dabei ist das Risiko ja gering", sagt Levy. Eine aktuelle Studie über den Berliner Kunstmarkt zeigt allerdings, dass dort offenbar viele Galerien einen Überlebenskampf führen. Von 400 Galerien der Hauptstadt erzielt die Hälfte einen Umsatz unter 50 000 Euro, bei einem Drittel liegt der Wert sogar unter 17 500 Euro. Lediglich 60 Galerien erreichen Erlöse von mehr als einer halben Million Euro.