Orderbücher des Windkraftspezialisten sind nach einem Verlustjahr und den Stellenstreichungen in Hamburg mittlerweile wieder gut gefüllt.

Hamburg. Es war seine erste Pressekonferenz beim Hamburger Windkraftanlagenhersteller Nordex. Jürgen Zeschky, der Anfang März von dem Konzern Voith Turbo in Heidenheim als neuer Nordex-Chef nach Hamburg wechselte, vermeldete gestern schlechte Zahlen. Das Minus im vergangenen Jahr lag bei 49,5 Millionen Euro, der Umsatz fiel um 5,3 Prozent auf 921 Millionen Euro. Die Gründe liegen im Preisdruck der von weltweiten Überkapazitäten geprägten Branche und an einem Geschäftseinbruch in Asien.

Dort ging der Umsatz für die gesamte Branche im vergangenen Jahr um 44 Prozent zurück. Nordex hat reagiert und europaweit 260 der 2700 Stellen gestrichen. Allein in der Hamburger Unternehmenszentrale mussten 70 der zuvor 550 Mitarbeiter gehen. Der Stellenabbau verlief meist über Aufhebungsverträge. Mit der Reduzierung seiner Beschäftigten will der Windkraftspezialist künftig 50 Millionen Euro pro Jahr einsparen.

Nach einem verlustreichen Jahr für das Unternehmen hofft Zeschky jetzt auf eine Trendwende. Die Zeichen dafür stehen gut. Die ersten drei Monate 2012 haben sich als bestes Auftaktquartal seit drei Jahren entpuppt. Nach einem Orderbestand von 700 (Vorjahr 411) Millionen Euro legten die Bestellungen der Kunden aus aller Welt im ersten Quartal im Vergleich zu den ersten drei Monaten 2011 um 84 Prozent auf 284 Millionen Euro zu. Auch Projekte mit großen Energieversorgern wie E.on oder dem Unternehmen Falck Renewables konnten vereinbart werden. Nordex-Finanzvorstand Bernard Schäferbarthold rechnet für dieses Jahr sogar wieder mit schwarzen Zahlen und einem Umsatz in Höhe von einer bis 1,1 Milliarden Euro.

Die Branche, die es seit der Krise schwerer hat, Finanziers für neue Parks zu finden, erholt sich wieder. Experten erwarten, dass 2012 weltweit 22 Prozent mehr Windanlagen installiert werden als im vergangenen Jahr. Bis 2016 wird die Branche im Schnitt jedes Jahr um sieben Prozent zulegen. Vor allem Osteuropa ist demnach ein Wachstumsmarkt, in dem sich auch Nordex tummeln will. Interessant sei aber auch Südafrika.

"Wir haben eine starke Position im europäischen Onshore-Geschäft", sagt Zeschky. "Aber die Margen sind ungenügend." Es gibt noch weitere Baustellen. So hat das Hamburger Unternehmen auf dem weltweit größten Markt China großen Nachholbedarf. Nordex will dort künftig mit einem Staatskonzern, der bereits zahlreiche Windparks betreibt, in einem Gemeinschaftsunternehmen zusammenarbeiten. Die Kooperation sei dringend notwendig, um als ausländischer Konzern in China Abschlüsse zu machen. Auch im finanzintensiven Offshore-Geschäft, dem Bau von Windkraftanlagen auf hoher See, sucht das Unternehmen einen Partner. Die Risiken sind durch fehlende Netzanschlüsse und Milliardenkosten pro Offshore-Park noch hoch. Deshalb will sich Nordex künftig nur noch auf Anlagen an Land spezialisieren. Offenbar zeichnet sich bereits eine Partnerschaft mit einem großen Anbieter ab. Namen wollte Zeschky nicht nennen, aber Nordex verhandelt derzeit ausschließlich mit diesem Unternehmen. Zeschky will zügig zu einem Ergebnis kommen. Ende des Jahres sei ihm zu spät, sagte er. Eine Alternative wäre der Verkauf des Offshore-Geschäfts.

Größter Anteilseigner von Nordex mit rund 25 Prozent ist die Industriellenfamilie Quandt, die maßgeblich am Autobauer BMW beteiligt ist. Seine Zukunft sieht das Unternehmen vor allem in Innovationen. So hat Nordex das Windrad N117 entwickelt, das sich besonders für Regionen im Binnenland mit wenig Wind eignet. Eine andere Anlage wurde so gebaut, dass sie auch unter nordischer Kälte weiter funktioniert. "Wir müssen unsere Produktionskosten verringern", sagt Zeschky, der Nordex eine neue Strategie mit mehr Kundennähe verordnen will. So soll sich bis 2015 die Zeit für die Entwicklung neuer Produkte um 20 Prozent verringern.

Schon im vergangenen Jahr konnte das Unternehmen Marktanteile gewinnen, obwohl sich Projekte wegen der Krise verzögerten. So konnten die Hamburger 50 Prozent mehr Aufträge als im Vorjahr einholen, während die gesamte Branche bei den Bestellungen Einbußen von 13 Prozent verkraften musste. Auch in den USA konnte Nordex Boden wettmachen. In dem Land wird im kommenden Jahr die Förderung von neuen Windkraftanlagen gestrichen, sodass zahlreiche Investoren Bauvorhaben vorziehen, um noch in den Genuss der staatlichen Subventionen zu kommen. Die Kehrseite des amerikanischen Booms wird sich 2013 zeigen, wenn die Aufträge für die Branche mangels öffentlicher Gelder wieder einbrechen werden.