Mutterkonzern Douglas reagiert auf Umsatzeinbruch. Hamburger Gründerfamilie Könnecke verkauft ihre Anteile

Hamburg. Nach Wochen der Unsicherheit bei der größten deutschen Buchhandelsgruppe Thalia hat das Unternehmen einen neuen Kurs eingeschlagen. Jahrelang bestimmte eine ehrgeizige Expansion die Geschäfte bei Thalia. Nun aber will sich die Gruppe restrukturieren und unrentable Geschäfte abstoßen. Rund 15 der bundesweit insgesamt mehr als 300 Filialen sollen geschlossen werden, schreibt Thalia in einer Mitarbeiterinformation, die dem Abendblatt vorliegt.

"Überall dort, wo das wichtigste Kriterium, dass jede Filiale rentabel arbeiten muss, auf absehbare Zeit nicht zu erfüllen ist und wir dauerhafte Verluste verursachen, müssen wir eine Schließung in Betracht ziehen", heißt es darin. Etliche Geschäfte sollen zudem verkleinert und mit Untermietern oder Shop-in-Shop-Systemen auf eine überschaubarere Fläche schrumpfen. Denkbar ist dabei etwa eine Kooperation mit einem Spielehändler. Bei dem Sparplan des Unternehmens könne es auch teilweise zu personellen Auswirkungen kommen, sagte eine Thalia-Sprecherin. Insgesamt arbeiten 5270 Beschäftigte für die Buchgruppe.

Die Aufsichtsräte des Thalia-Mutterkonzerns, der Einzelhandelsgruppe Douglas, waren vorgestern am Firmensitz in Hagen zu einer außerordentlichen Sitzung zusammengekommen. Sie haben über die Zukunft des Unternehmens beraten und die strategische Planung bis zum Geschäftsjahr 2013/14 vorgestellt. Zum Hintergrund: Thalia verliert ebenso wie andere Buchhändler Kunden an Onlineanbieter wie Amazon und kann deswegen die Kapitalkosten nicht mehr verdienen. Zudem ist der Umsatz im gesamten Buchmarkt 2011 deutschlandweit gesunken. In diesem schwierigen Umfeld kann Thalia ebenso wie die Douglas-Sparten Hussel (Süßwaren) sowie AppelrathCüpper (Mode) nicht mehr den erwarteten Ertrag erbringen. Dagegen agiert Douglas mit seinen Parfümerien und der Schmuck-Kette Christ sehr erfolgreich.

In Zukunft wird Thalia nicht nur in seiner Muttergesellschaft neu aufgestellt, sondern auch seine Verwurzelung in Hamburg verlieren. Jürgen Könnecke aus der Gründerfamilie, die den Grundstein des Unternehmens vor mehr als 90 Jahren im Gebäudes des Thalia-Theaters gelegt hatte, zieht sich aus dem Gesellschafterkreis der Thalia-Holding zurück.

Die Gründe dafür seien rein privater Natur, sagte Könnecke dem Abendblatt. Er habe sich bereits 2005 aus der operativen Geschäftsführung verabschiedet. Dieser Schritt sei nun die logische Folge, "um mehr Zeit für mich und meine Familie zu haben". Die Entscheidung stehe aber in keinem Zusammenhang mit den derzeitigen Marktspekulationen um Douglas und Thalia.

Der Hamburger hatte lange an der Spitze des Unternehmens gestanden und einst auch die Verbindung zu Douglas geknüpft. Könnecke und seine Familie verkaufen nun ihren Anteil von 25 Prozent und scheiden damit endgültig aus dem Unternehmen aus.

Für die Mitarbeiter in Hamburg verlässt damit eine Identifikationsfigur das Unternehmen, und das in einer Zeit der Unsicherheit: Wie die Zukunft der zwölf Filialen in der Hansestadt aussieht, ist bisher unklar. In dem Schreiben an die Beschäftigten hieß es lediglich, die Gruppe müsse "schnell handeln, denn die Fortschreibung der negativen Umsatzentwicklung würde zu einem nicht tragbaren Ergebnis führen".

Die Zukunftsbereiche im Buchmarkt werden bei der Neuorientierung dagegen eher profitieren: Thalia will den Internethandel mit Büchern und den Verkauf von digitalen Inhalten für sogenannte E-Reader weiter ausbauen. Diese Kanäle seien eine wirtschaftlich wichtige Ergänzung zum stationären Geschäft. Für die gesamte Strategie werde aber zukünftig Profitabilität statt Wachstum im Fokus stehen, heißt es in dem Schreiben.

Diese Konzentration auf gute Gewinne bei Thalia steht auch im Zusammenhang mit einem möglichen Umbruch bei der Douglas-Holding. Planspiele von Mitinhaber Jörn Kreke, die Gruppe mithilfe von Investoren von der Börse zu nehmen, hatten zu Jahresbeginn für Spekulationen gesorgt.

Seitdem halten sich Gerüchte, der Konzern könnte zerschlagen werden. Die neuen Geldgeber könnten Interesse daran haben, Thalia, aber auch Hussel und AppelrathCüpper zu verkaufen. Übrig blieben die ertragstarken Segmente Parfümerien und Schmuck. Der Vorstand hatte allerdings zuletzt noch versichert, die Gruppe mit der angeschlagenen Buchhandelskette Thalia zusammenhalten zu wollen.

Thalia-Sprecherin Mirjam Berle betonte gestern auch, dass sich Douglas nicht aktiv für einen Verkauf der Thalia-Gruppe einsetze, vielmehr sollen Investoren das Gespräch mit Douglas-Vorstandschef Kreke über eine Beteiligung gesucht haben.

Die Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) hatte angesichts der Gemengelage Klarheit gefordert. Gelegenheit zur Stellungnahme haben sowohl der Vorstand als auch der Aufsichtsrat in der kommenden Woche. Am Mittwoch, dem 21. März, lädt Douglas seine Aktionäre zur Hauptversammlung nach Essen ein.