Leerstand statt Waren: Gegenüber des neuen Wohnquartiers Q21 stehen sieben Läden leer. Eigentümer hoffen auf höhere Mieteinnahmen.

Hamburg. Hans-Georg Backhaus bleibt. Auch wenn rund um sein Optikergeschäft sieben Läden leer stehen, gibt er nicht auf. "Früher war dies eine bessere Laufgegend", sagt er. Doch nun kommen immer weniger Spaziergänger, weil kaum noch dekorierte Schaufenster auf seiner Seite der Fuhlsbüttler Straße locken. Die Läden stehen schon länger leer. Das hat einen Grund: Auf der gegenüberliegenden Straßenseite entsteht auf dem ehemaligen Gelände des Barmbeker Krankenhauses gerade das neue Wohnquartier Q21 mit mehreren Hundert Wohnungen.

Die neue Wohnanlage wird die Gegend vermutlich aufwerten. Bei Kaltmieten, die in der Spitze bei 15 Euro pro Quadratmeter liegen, sollen vor allem Besserverdienende angesprochen werden. Darauf setzen auch die Eigentümer der Läden. "Die Besitzer warten ab, weil sie mit der Fertigstellung von Q21 auch auf bonitätsstarke Geschäftsinhaber setzen", sagte der Makler Henning Hansen von Engel & Völkers dem Abendblatt. "Die Gegend dort steht stark im Umbruch und hat viel Potenzial."

+++ Die zwei Gesichter der Hoheluftchaussee +++

"Die Vermieter lassen frei werdende Geschäfte über Monate leer stehen, weil sie hoffen, dass sie mit dem neuen Wohnviertel in der Nachbarschaft in Zukunft höhere Mieten erzielen können", sagt auch Backhaus. Die leeren Geschäfte, in denen früher Drogerien, ein Reformhaus, ein Tabakwarenladen, ein Bekleidungshaus und eine Kneipe waren, gammeln zwischenzeitlich vor sich hin. In einem Laden liegt bereits seit Monaten Schutt, in anderen sind die Tapeten ab- oder die Böden aufgerissen. In der gesamten Fuhle stehen sogar mehr als zehn Läden leer.

Der südliche Teil der Straße ist schon im Jahr 2006 zum Sanierungsgebiet erklärt worden, das aufgewertet werden soll. Ziel ist unter anderen, Raum zu schaffen, in dem sich die Menschen gern aufhalten oder flanieren. Andere Maßnahmen im Sanierungsgebiet sind zum Beispiel die anstehende Erweiterung der Kultureinrichtung Zinnschmelze beim Museum der Arbeit, die Umbaumaßnahmen des Museumshofs und des Neuen Stadtplatzes, der nach dem Barmbeker Musiker Bert Kaempfert benannt wurde.

+++ Eigentümer spekulieren an Fuhlsbüttler Straße +++

Diese Maßnahmen helfen Backhaus wenig. Der Optiker setzt auf Selbsthilfe. Sein Laden in der Fuhlsbüttler Straße 398 liegt außerhalb des Sanierungsgebiets. Backhaus engagiert sich in der Interessengemeinschaft Fuhle, ein fast hundert Mitglieder starker Zusammenschluss der Wirtschaft in der Region. Gemeinsam mit dem von der Stadt unterstützten Projekt Förderung der lokalen Wirtschaft sind die ansässigen Firmen bereits seit Jahren aktiv, um ihr Quartier schöner zu machen. "Oft reicht schon ein wenig Farbe aus", sagt Backhaus. Doch da müssen auch die Immobilieneigentümer mitziehen. Projektleiter Jürgen Roloff versucht nun, die Grundeigentümer, Hausverwaltungen und Makler anzusprechen und von einer ausgewogenen Geschäfts- und Branchenentwicklung zu überzeugen. Eine mühsame Aufgabe, die nicht häufig gelingt. Denn viele Gebäude in der Straße gehören Erbengemeinschaften oder Investoren, die im Ausland leben.

Die Hoffnung der verbliebenen Geschäftsinhaber richtet sich jetzt auf die Neubauten, in die noch in diesem Jahr die zahlungskräftige Kundschaft einziehen soll. "Für Barmbek ist das Quartier 21 sicherlich durch die Öffnung des ehemaligen Krankenhausgeländes und durch den Zuzug neuer Bewohner eine Belebung. Es wird längerfristig positiv in den Stadtteil ausstrahlen, auch wenn die aktuelle Situation der ortsansässigen Geschäftsleute im Umfeld des Quartiers 21 als schwierig zu bewerten ist", meint Projektleiter Roloff.

Backhaus führt seinen Laden an der Fuhlsbüttler Straße 398 seit 21 Jahren und bedient überwiegend Stammkunden. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite seines Geschäfts hat die Aufwertung der Umgebung mit dem Einzug des Rewe-Supermarktes und der Drogerie Budnikowsky im Quartier 21 bereits begonnen. Jetzt hofft der Optiker, dass die Strahlkraft des neuen Wohnviertels auch auf die andere Seite überspringen und dafür sorgen wird, dass auch in dieser Ecke der Fuhle wieder mehr Menschen flanieren.