Zwei Topmanager schielen auf die Position des Daimler-Chefs. Sein Vertrag läuft noch bis Ende des kommenden Jahres

Stuttgart. Um den begehrten Chefsessel beim Autobauer Daimler zeichnet sich ein Wettstreit ab. Neben dem intern schon längere Zeit als Kronprinzen gehandelten Produktionsvorstand Wolfgang Bernhard ist auch Finanzchef Bodo Uebber in Lauerstellung. "Der läuft sich warm", sagte eine mit der Situation vertraute Person. "Die Ambitionen von Uebber sind seit einiger Zeit klar: Er will Daimler-Chef werden", sagte ein anderer. Das Interesse des 52-jährigen Finanzchefs an einer Beförderung auf den Fahrersitz des Konzerns sei nicht zu übersehen. Seine Machtbasis in der Führungsetage baut der Wirtschaftsingenieur seit Monaten konsequent aus. "Uebber interessiert sich plötzlich für fast alles, ohne sein Plazet oder zumindest seine stillschweigende Zustimmung geht fast nichts mehr", sagte ein Insider.

Das Blitzlichtgewitter auf der Daimler-Jahrespressekonferenz Anfang Februar mit Zetsche und Truck-Chef Andreas Renschler genoss Uebber sichtlich. Zugleich wirbelte er den Terminkalender zahlreicher Topmanager gehörig durcheinander: Vor den aufEnde Februar terminierten Gesprächen mit den Investoren über die Bilanz 2011 solle niemand öffentlich Statements abgeben - bei einigen Anlegern war Kritik an der Verlässlichkeit von Uebbers Geschäftsprognosen laut geworden. Für sein Anliegen habe er bei Zetsche Gehör gefunden, berichten Insider: Kleinlaut verschoben daher Kollegen jene Termine nach hinten, die Uebber nicht in den Kram passten.

Anders als der umtriebige Uebber übt sich sein Rivale, der 51-jährige Bernhard, in Zurückhaltung. Öffentliche Auftritte des mächtigen Mercedes-Managers sind rar; seit seiner Rückkehr zu Daimler 2009 hat er kein Interview gegeben. Wie Uebber ist Bernhard Wirtschaftsingenieur.

Doch viele Beobachter schätzen seine Chancen, Zetsche als Vorstandschef früher oder später abzulösen, besser als Uebbers ein: "Bernhard hat Benzin im Blut, das ist wichtig bei Daimler", sagte ein Konzernkenner. Er war immer im operativen Fahrzeuggeschäft - ob bei Mercedes-Benz Pkw, der Tuning-Schmiede AMG oder bei den Transportern. Noch ist aber unklar, ob Zetsche seinen lukrativen Posten überhaupt räumt. Denn ihm nahestehende Personen signalisieren, dass der 58-Jährige noch nicht abtreten wolle und eine weitere Amtszeit anstrebe. Sein mit mehr als acht Millionen Euro dotierter Vertrag als Vorstandschef von Daimler und als Boss von Mercedes-Benz Pkw läuft noch bis Ende 2013.

Frühestens Anfang 2013 könnte der Vertrag vom Aufsichtsrat verlängert werden. "Die Frage der Nachfolge stellt sich zurzeit überhaupt nicht", sagte Konzernsprecher Jörg Howe. Vor der in gut einem Jahr möglichen neuen Weichenstellung an der Unternehmensspitze haben die Aufsichtsräte also noch reichlich Zeit, die Herausforderer zu begutachten. Bernhard und Uebber ließen erklären, sie wollten sich zu "unbegründeten Spekulationen grundsätzlich nicht äußern". Die übrigen vier Daimler-Vorstände gelten Insidern zufolge in dem Thronfolge-Wettstreit lediglich als Zuschauer, nicht als Akteure.