EU-Kommission erwartet Rückgang der Wirtschaftskraft um 0,3 Prozent. Aber Deutschland bleibt auf Wachstumskurs. Ifo-Index steigt.

Hamburg/Brüssel. Deutschland gleicht einem kleinen Wunder. Die heimische Wirtschaft lässt sich derzeit offenbar weder von der Euro-Schuldenkrise noch von den weltweit eingetrübten Konjunkturaussichten die Stimmung verderben. Während die EU-Kommission in diesem Jahr bereits mit einer Rezession in der Euro-Zone insgesamt rechnet, hellt sich die Stimmung in den deutschen Unternehmen weiter auf.

Der Ifo-Geschäftsklimaindex kletterte im Februar bereits zum vierten Mal in Folge um 1,3 auf nunmehr 109,6 Punkte - und erholt sich damit seit November zunehmend von den Rückgängen im Sommer und Herbst des vergangenen Jahres, teilte das Ifo-Institut in München gestern mit. "Die deutsche Wirtschaft kann zuversichtlich in die Zukunft blicken", sagte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP).

Das Überraschende der Entwicklung ist, dass derzeit primär der private Konsum sowie Investitionen im Inland für die gute Laune bei den Unternehmen sorgen, während in früheren Jahren vor allem der Export der größte Treiber der Wirtschaft war. "Die deutsche Konjunktur wird derzeit von den binnenwirtschaftlichen Auftriebskräften getragen", erläuterte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn den Index, für den jeden Monat 7000 Firmen befragt werden. Auch die Geschäfte außerhalb Europas liefen blendend.

+++ Wirtschaftsstimmung in Deutschland steigt erneut +++

Ein düsteres Bild zeichnet sich unterdessen für die südeuropäischen Länder ab. Die EU-Kommission geht davon aus, dass die Euro-Zone in diesem Jahr um 0,3 Prozent schrumpfen wird - und damit in eine Rezession schlittert. Im Herbst hatten die Brüsseler Experten noch einen Zuwachs der Wirtschaftsleistung von 0,5 Prozent in den 17 EuroLändern erwartet. Das Bruttoinlandsprodukt in den 27 EU-Ländern werde unterdessen 2012 unverändert bleiben.

Für den konjunkturellen Einbruch sorgen vor allem die Mittelmeeranrainer. Für Griechenland prognostiziert die EU in diesem Jahr ein Minus von 4,4 Prozent, für Italien ein Minus von 1,3 Prozent und für Spanien ein Minus von einem Prozent. Portugals Bruttoinlandsprodukt wird nach der nach unten korrigierten EU-Vorhersage sogar um 3,3 Prozent ins Minus fallen.

Ein Grund für diesen Abwärtstrend sind die drastischen Sparprogramme, gekoppelt mit Steuererhöhungen in diesen Ländern, wodurch auch den Bürgern weniger Geld zum Ausgeben verbleibt. Auch gegen diesen Negativtrend stemmt sich Deutschland. So erwartet die Kommission für die größte Volkswirtschaft im Euro-Raum im laufenden Jahr ein Wachstum von 0,6 Prozent - nach noch drei Prozent Zuwachs im Vorjahr. Die Slowakei und Estland erreichen mit jeweils 1,2 Prozent das größte Plus.

Die vergleichsweise gute Wirtschaftskraft in der Bundesrepublik führt der Konjunkturchef des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Joachim Scheide, darauf zurück, "dass Deutschland früher als andere Länder seine Hausaufgaben gemacht hat". Deutschland habe frühzeitig Reformen am Arbeitsmarkt eingeleitet und noch vor Ausbruch der Krise mit der Konsolidierung seines Haushalts begonnen. "Jetzt muss Deutschland nicht so stark auf die Ausgabenbremse treten wie andere Länder. Es reicht ein sanfter Konsolidierungskurs", sagt Scheide. Zudem seien die Zinssätze für Deutschland sehr niedrig.

Die Krise in Europa und die Konjunkturabkühlung in China bekommen derzeit vor allem die deutschen Maschinenbauer zu spüren. So erwartet der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) in diesem Jahr nur noch eine stagnierende Produktion, nach einem kräftigen Zuwachs von vier Prozent im Vorjahr. Der Export wiederum profitiert von den guten Absätzen in den Schwellenländern.

Der Konjunkturchef vom Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI), Michael Bräuninger, erwartet für Deutschland in der zweiten Jahreshälfte bereits eine Erholung: "Wir haben jetzt den Tiefpunkt erreicht." Auch für die Euro-Länder sei Besserung in Sicht, sagt IfW-Konjunkturchef Scheide: "2013 wird sich die Konjunktur in den Euro-Ländern wieder etwas erholen und voraussichtlich nicht erneut ins Minus rutschen. Ich erwarte keine lange Durststrecke."