Cinemaxx-Gründer Hans-Joachim Flebbe baut eine Kette kleiner Luxushäuser auf. In Hamburg signalisiert er Interesse am Streit's am Jungfernstieg.

Hamburg. Wenn Hans-Joachim Flebbe über seine neuen Kinos spricht, dann wirkt der 60-Jährige noch immer wie ein großer Junge. Begeistert wippt der Hamburger Unternehmer mit der leicht ergrauten Mähne auf seinem Stuhl hin und her und schwärmt von dem Filmtheater der Premiumklasse, das er demnächst in Köln eröffnet. Einen Doorman wird es in dem Haus geben, eine Garderobe, Begrüßungscocktails und Kellner, die die Gäste in Ledersesseln am Platz bedienen - mit Fingerfood, nicht mit Popcorn.

Das Konzept der Luxuskinos ist so ziemlich das genaue Gegenteil von dem, was Flebbe früher gemacht hat. Da war er Chef der Hamburger Kinokette Cinemaxx, des zweitgrößten Multiplex-Betreibers in Deutschland. Kassenknüller aus Hollywood brachte er auf die große Leinwand, füllte Säle mit bis zu 1000 Besuchern. Doch nach jahrelanger Krise und roten Zahlen stieg Flebbe 2008 im Streit mit dem Hauptaktionär, dem Münchner Film- und Fernsehunternehmer Herbert Kloiber, aus.

Nun erfindet sich Deutschlands einstiger Kinokönig neu. Zusammen mit Luxemburger Investoren hat er die Premium Entertainment GmbH mit Sitz an der Osterbekstraße gegründet. Regelmäßig pendelt er zwischen dem Hamburger Büro und seinen Baustellen. Ende März soll das knapp drei Millionen Euro teure Haus in Köln eröffnen, danach folgen Frankfurt und Anfang 2013 der traditionsreiche Zoo-Palast in Berlin, dessen Umbau bis zu 4,5 Millionen Euro verschlingen wird. "Wir sind derzeit auf der Suche nach Standorten in allen deutschen Großstädten", sagt Flebbe.

Die Blaupause für die geplanten Filmtheater ist das Astor-Kino in der Hauptstadt, wo Flebbe sein Konzept seit 2008 testet. Gerade einmal 238 Plätze hat das Haus, Bedienstete in Uniformen parken auf Wunsch die Autos der Besucher, es gibt Weine, die zwischen 18 und 250 Euro pro Flasche kosten. "Ins Astor kommen vor allem die etwas älteren Kinobesucher, die sich in den modernen Multiplexen nicht mehr wohlfühlen", sagt Flebbe. "Sie wünschen sich ein Kinoerlebnis in gehobener Atmosphäre und ohne den Geruch von Tacos oder Popcorn, der vom Nachbarplatz herüberweht." Schon während seiner Zeit als Cinemaxx-Chef hätten sich viele seiner Freunde ein solches Kino gewünscht.

Die Idee geht auf: Regelmäßig treffen sich die Damen der Berliner Gesellschaft im Astor, um sich bei Latte Macchiato und Kuchen etwa die französische Komödie "Ziemlich beste Freunde" anzusehen. Aber auch jüngere Pärchen sind bereit, den üppigen Eintrittspreis von bis zu 17 Euro zu zahlen. "Wir hatten im vergangenen Jahr 17 Prozent mehr Besucher als im Vorjahr", sagt Flebbe. Insgesamt erziele er mit seiner Gruppe, zu der auch noch ein kleines Kino im Hotel Bayerischer Hof in München zählt, einen Gewinn.

Gern würde der Unternehmer sein neues Konzept auch auf Hamburg übertragen, doch die Suche nach einem geeigneten Standort gestaltet sich schwierig. "Das Streit's am Jungfernstieg wäre für unsere Zwecke ideal", sagt Flebbe. Doch der jetzige Eigentümer, die Streit's Grundstücksgesellschaft, hat sich noch nicht entschieden, ob er in dem Haus überhaupt noch den Betrieb eines Kinos zulassen möchte oder lieber an Einzelhändler vermietet, die bereit sind, höhere Mieten zu zahlen.

Nach dem jetzigen Stand läuft der Mietvertrag für das Streit's, das derzeit von der Cinestar-Gruppe betrieben wird, Anfang 2013 aus. Auch die größte deutsche Kinogruppe würde das Filmtheater gerne weiterführen. "Es gibt aber noch keinen Beschluss darüber, wie es mit dem Kino weitergehend soll", sagt Peter Reimers, dem das Gebäude am Jungfernstieg zusammen mit seinem Sohn Christoph gehört.

Ein guter Standort für ein Luxuskino wäre aus Flebbes Sicht auch die HafenCity, wo über ein Grundstück am Sandtorkai verhandelt wird. "Hier gibt es aber noch keinen Investor, der den Bau des Gebäudes übernehmen würde", sagt er. Interesse hat Flebbe zudem an der Umgestaltung des Savoy am Steindamm. "Das Savoy würde ich gern übernehmen, aber nicht als Luxuskino", sagt er. Dazu sei das Umfeld in St. Georg nicht geeignet.

Generell legt Flebbe Wert darauf, dass sich seine Projekte von Anfang an rechnen. "Zu hohe Mieten, die die Wirtschaftlichkeit der Kinos gefährden, kann ich nicht akzeptieren", sagt er. Das ist eine der Lehren, die der Unternehmer aus seiner Zeit bei Cinemaxx gezogen hat. Während der Goldgräberstimmung Ende der 1990er-Jahre waren die großen Multiplexe in Deutschland wie Pilze aus dem Boden geschossen, die Betreiber kämpften mit allen Mitteln um die besten Standorte und waren daher auch bereit, schlechte Mietkonditionen hinzunehmen.

Als die Branche dann wegen zunehmender Raubkopien, DVDs und Flachbildschirmen in die Krise geriet, saßen die Betreiber auf den hohen Kosten. "Ich habe vier Jahre bei Cinemaxx damit verbracht, neue Mietkonditionen auszuhandeln. Das war keine schöne Aufgabe", sagt Flebbe.

Wenn das Gespräch auf sein altes Unternehmen kommt, dann verschwindet das verschmitzte Lächeln auf Flebbes Gesicht. Einerseits ist er froh, die Bürde des Vorstandsvorsitzenden los zu sein und sich nicht mehr bei Aktionären für den schlingernden Kurs der Kette rechtfertigen zu müssen. Als Cinemaxx tief in den roten Zahlen steckte, musste sich der Kinokönig auf Hauptversammlungen anhören, er könne nicht mit Zahlen umgehen und hätte lieber sein Wirtschaftsstudium beenden sollen.

Andererseits hat Flebbe den Verlust des Chefpostens noch immer nicht so ganz verwunden. Der gebürtige Hannoveraner war es, der Cinemaxx aufbaute und nach den Schachtelkinos der 70er-Jahre wieder die großen Leinwände in die deutschen Städte brachte. "Die Cinemaxx-Kinos sind so etwas wie meine Babys, daher tut es immer noch ein bisschen weh, wenn ich eines der Häuser besuche", sagt er. Sieben Jahre hatte er beispielsweise um eine Baugenehmigung für das größte Kino am Dammtor gekämpft.

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Mit einem Anteil von zehn Prozent ist Flebbe zwar noch immer der zweitgrößte Anteilseigner von Cinemaxx, doch das Band mit Hauptaktionär Kloiber ist seit dem Führungsstreit zerschnitten. Flebbe selbst hatte den Münchner Filmhändler in höchster Not ins Boot geholt, um einen Verkauf der Kette an einen Finanzinvestor zu verhindern. Doch das Aufeinandertreffen der beiden Alphatiere ging nicht gut. Offiziell zerstritten sie sich über die Ausrichtung des Unternehmens und die Höhe von Eintrittspreisen. Flebbes Vertrag als Vorstandschef wurde 2008 nicht verlängert, seitdem führt der ehemalige Finanzvorstand Christian Gisy die Kette. Wirtschaftlich steht Cinemaxx heute wesentlich besser da als zu Zeiten des Ex-Chefs.

"Der Aufbau meines neuen Unternehmens hilft mir, Cinemaxx langsam loszulassen", sagt Flebbe. Er genießt es sichtlich, in einem kleinen, überschaubaren Team zu arbeiten und sich wieder selbst um Details wie die Deckengestaltung seines Kölner Filmtheaters kümmern zu können. "Das ist nicht weniger stressig als früher, aber die Arbeit ist selbstbestimmter." Auch die Auswahl der Filme bleibt bei Flebbe in der Familie. "Meine Frau bestimmt das Programm in den Kinos. Sie ist der beste Scout, den ich mir wünschen kann."