Von Schleswig-Holstein in die ganze Welt: Caravanausstatter Hobby baut Reisemobile aus - und setzt dabei bewusst auf Handarbeit.

Fockbek. Das Urlaubsverhalten des Wohnwagenbesitzers hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert: Bewegte er sich bisher häufig in einem engen Aktionsradius zwischen Bierdose und Campingkocher, hat sich der Horizont bei diesem Freizeitvergnügen heute stark geweitet. Der moderne Campingplatz bietet Sportmöglichkeiten wie Golf oder Tennis und lockt selbst Faulpelze aus dem Vorzelt - mit Wellnessoasen oder Weinbars.

Etliche Urlauber beschränken sich bei Fahrten mit ihrem mobilen Zuhause auch nicht mehr nur auf Kurztrips an deutsche Küsten oder nach Bayern, sondern erkunden fernere Gefilde wie Spanien oder Marokko. "Wenn ein Kunde einen Backofen will, weiß ich sofort, es geht nach Südeuropa", sagt Reiner Ritz. In solchen Ländern, weit weg von deutschen Bäckereien, gebe es besonders bei Langzeiturlaubern kein Frühstück ohne selbst gebackenes Brot.

Ritz muss es wissen, er ist Geschäftsführer der Hobby-Werke in Fockbek, Hersteller von Reisemobilen und Weltmarktführer im Markt für Wohnwagen. Zu Ritz' eigenen Lieblingszielen zählen Italien und die Mosel, für mediterrane Köstlichkeiten oder eine zünftige Weinprobe rollt er mit dem Reisemobil und seiner Frau auf dem Beifahrersitz gerne ein paar Hundert Kilometer in Richtung Süden. "Wenn ich mal dazu komme, denn in der Freizeitbranche haben wir nur sehr wenig Freizeit", scherzt der 54-Jährige. Meistens ist der Manager bei einem der 350 Vertriebspartner in ganz Europa unterwegs, oder er kümmert sich um die Produktion in Fockbek.

Die Hobby-Fabrik erreicht der Besucher aus Hamburg nach gut 100 Kilometern Fahrt in Richtung Norden etwas unerwartet in der ruhigen Idylle eines Wohngebiets mit Einfamilienhäusern. Zwischen schmucken Gärten zieht sich der Auslieferungsplatz des weltgrößten Wohnwagenwerks auf 260 000 Quadratmetern bis zum Horizont. Die Mitarbeiter fahren hier am Ende jedes Tages bis zu 80 Reisemobile und Wohnwagen aus der Produktionshalle, neben Hobby gehört seit einiger Zeit auch die Marke Fendt zum Unternehmen.

Hamburger Reisemesse

Im vergangenen Jahr kamen 13 200 Wohnmobile aus Fockbek, 14 500 sind für 2012 geplant. Die Fertigung von Reisemobilen will Ritz mit neuen Modellen von bisher jährlich 1000 Fahrzeugen auf 1800 im Jahr 2014 steigern. Mit Caravans, die beim Händler ab 11 500 Euro kosten, erlöste Hobby im vergangenen Jahr 165 Millionen Euro. Die Reisemobile, deren Karossen Hobby von Fiat oder Ford bekommt, trugen 42 Millionen Euro zum Umsatz bei.

Die Produktion der Wohnwagen bei Hobby ist anders als in modernen Autofabriken, in denen fast schon mehr Roboter als Menschen arbeiten, stark von Handarbeit geprägt. Auf einer Art Zahnradbahn bewegen sich die Karossen von Station zu Station. In jeweils acht Minuten schrauben und kleben die Arbeiter Schränke, Heizungen oder Betten in das Mobil ein, dann bewegt es sich weiter zum nächsten Gruppenarbeitsplatz. "Es gibt inzwischen auch Fußbodenheizungen, Solaranlagen und Einparkhilfen, die wir hier in die Fahrzeuge einbauen", sagt Ritz und deutet mit einer Armbewegung auf die Produktionshalle mit ihrer sauber getakteten Fertigung. In einer Ecke windet sich eine Rutsche aus dem ersten Stock ins Erdgeschoss. Das Spielgerät transportiert die Textilien aus der oberen Etage in die Halle, denn oben sitzen noch einmal rund 40 Näherinnen und fertigen die Teile, die später einmal die typisch deutsche Gemütlichkeit ins fahrende Heim bringen sollen, die Gardinen, Kissen und Polster.

"Wir machen praktisch alles selber", sagt Ritz nicht ohne Stolz in der Stimme. Asiatische Billiglieferanten auf Kosten der heimischen Produktion und Arbeitsplätze, das passe nicht zur Philosophie von Harald Striewski, dem Gründer und Inhaber der Hobby-Werke. Um die Stellen in Deutschland zu sichern, investierte der gebürtige Ostpreuße in den vergangenen Monaten 1,5 Millionen Euro in die Fabrik.

Die Modernisierung der Produktion beendete eine schwere Zeit für die Branche. 2009 hatten die Verkäufe am Boden gelegen, in der Finanzkrise durchlebten Konkurrenten wie Knaus und Hymer sogar Pleiten oder mindestens finanzielle Engpässe. Hobby allerdings konnte auch in dieser Flaute am Markt noch schwarze Zahlen schreiben.

Immerhin blickt die Wohnwagenproduktion in Schleswig-Holstein bereits auf eine lange Tradition zurück. Striewski legte schon 1967 den Grundstein für die heutige Fabrik, als er in Heimarbeit einen aufwendig ausgestatteten Wohnwagen zusammenbastelte.

Der Schiffbauingenieur empfand die Schrauberei anfangs nur als "Hobby", daher der Firmenname, verkaufte das Gefährt dann aber für 6000 D-Mark (rund 3061 Euro) mit einem ordentlichen Gewinn an einen neidisch gewordenen Nachbarn - das Geschäft lohnte sich offenbar. Schnell stellte Striewski die ersten zehn Mitarbeiter ein, die die Mobile in Serie fertigten.

Striewski ist heute 75 Jahre alt und nach wie vor Chefdesigner der Hobby-Mobile. Auch dank der stromlinienförmigen statt kantigen Premiumserie, die Striewski mithilfe neuer Materialien ausgetüftelt hat, konnte Hobby seine Marktanteile zuletzt weiter steigern.

Allerdings sieht sich der größte Industriearbeitgeber in der Region Rendsburg auch einigen Herausforderungen gegenüber.

Die Kunden haben meistens schon die 50 überschritten, sie gehören zu den sogenannten Best Agern, die es im Ruhestand hinaus in die weite Welt zieht. Ritz empfindet es als schwierig, auch das jüngere Publikum für den Urlaub mit dem Wohnmobil zu begeistern. Die Luxuscampingplätze mit zahlreichen Sportmöglichkeiten seien zwar hilfreich, aber oft eben auch ziemlich weit weg von der Heimat.

Hobby denkt daher bereits an Vermietstationen für Reisemobile in Italien oder Spanien, um den sonnenhungrigen Deutschen Campingurlaub und Mobilität dort zu ermöglichen, wo sie im Sommer am liebsten Urlaub machen, ohne lange Anreise und kilometerlange Autobahnstaus.

Aber Hobby wäre kein Reisespezialist, wenn das Unternehmen nur bis zum Mittelmeer schauen würde. Einige Mobile treten aus dem Fockbeker Wohngebiet auch einen Schiffstransport an das andere Ende der Welt an. Ritz: "Wir verkaufen jedes Jahr 30 bis 40 Fahrzeuge an Kunden in Japan." Schade sei nur, findet Ritz, dass die Asiaten so wenig Urlaub haben.