Beschäftigte demonstrieren gegen Jobabbau. Gewinn bricht ein

München. Fehlstart für Siemens: Unrentable Geschäfte mit erneuerbaren Energien, Abschreibungen in der Medizintechnik und die Folgen der Staatsschuldenkrise verhagelten dem deutschen Industrieflaggschiff das erste Geschäftsquartal 2011/12. Der Konzerngewinn brach binnen Jahresfrist um ein Sechstel auf 1,46 Milliarden Euro ein. "Die Unsicherheiten der anhaltenden Schuldenkrise haben auch in der Realwirtschaft Spuren hinterlassen", sagte Vorstandschef Peter Löscher gestern auf der Hauptversammlung vor 8800 Aktionären in München. Siemens werde aber wie angekündigt im laufenden Jahr einen Gewinn von sechs Milliarden Euro aus dem fortgeführten Geschäft erwirtschaften, beruhigte Löscher die Aktionäre. Der Umsatz legte im ersten Geschäftsquartal um zwei Prozent auf 17,9 Milliarden Euro zu.

Besonders stark mit einem Gewinnrückgang von 36 Prozent war der Sektor Energie betroffen. Die Bereiche erneuerbare Energien und Stromübertragung rutschten sogar mit 48 Millionen beziehungsweise 145 Millionen Euro ins Minus. In vielen Branchen hielten sich die Kunden mit Investitionen zurück, die öffentliche Hand habe unter klammen Budgets zu leiden. In Asien sind die Aufträge im ersten Quartal stark rückläufig. Allein in China sank der Bestelleingang um 17 Prozent auf unter 1,4 Milliarden Euro. Um eine weltwirtschaftliche Abkühlung zu überstehen, will Löscher das Geld zusammenhalten. "Cash bleibt King, die konservative Finanzpolitik hat sich bewährt", dämpfte er Hoffnungen der Anteilseigner auf eine Sonderdividende aus der Barreserve von fast neun Milliarden Euro. Die um 30 Cent erhöhte Dividende kritisierten Aktionärsschützer als zu niedrig. "Siemens hält viel zu viel Kasse", sagte Fondsmanager Ingo Speich von Union Investment. "Der Cash-Bestand ist selbst für einen Konzern der Größe von Siemens zu hoch", rügte Investmentbanker Pascal Göttmann. Zudem kritisierten Anlegervertreter den Vorschlag der Belegschaftsaktionäre, eine Frauenquote im Aufsichtsrat einzuführen. Johannes Ries von der Fondsgesellschaft Apus Capital sagte, es sei ihm "völlig egal", ob Frauen, Männer, Inländer oder Ausländer im Aufsichtsrat säßen. Entscheidend sei für die Aktionäre die Dividende. Die Siemens-Aktie verlor 1,29 Prozent.

Auch vor der Münchner Olympiahalle war die Stimmung aufgeheizt. Dort demonstrierten Hunderte Beschäftigte von Nokia Siemens Networks und der Tochterfirma Osram. Auf Transparenten heißt es unter anderem "Liebe Mama Siemens, bitte verstoße deine Tochter NSN nicht" und "Wir gehören zur Familie". Der Konzern will in beiden Bereichen Jobs abbauen und Osram an die Börse bringen.