Streit mit Zentralen beschäftigt sogar Gerichte. Fahrer sind dagegen begeistert und freuen sich über neue Kunden und mehr Umsatz

Hamburg. Sie verhelfen den Taxifahrern zu einem direkten Draht zu den Kunden und verärgern damit die Taxizentralen: Die Betreiber der Smartphone-Applikation myTaxi aus Hamburg sorgen dafür, dass die Taxikonkurrenz auf Deutschlands Straßen nicht mehr nur zwischen den verschiedenen Zentralen herrscht. Ihre Idee: Eine App für das Smartphone, welche die Taxibestellung besonders komfortabel macht. Sie lokalisiert den Standort des Taxikunden und zeigt ihm freie Fahrzeuge in der Umgebung an. Beide Seiten können Kontakt miteinander aufnehmen, Wartezeiten werden reduziert.

Kritik erntet das Unternehmen allerdings deutschlandweit von diversen Taxizentralen, die ihren Angaben nach wegen myTaxi herbe Verluste verzeichnen. Für die Taxifahrer ist die App attraktiv, weil sie pro vermittelte Fahrt nur 79 Cent an myTaxi zahlen. Die Zentralen fordern dagegen nicht selten Hunderte Euro für ihre Dienste pro Monat. Einige der bundesweit rund 500 Zentralen drohten ihren Fahrern sogar mit Ausschluss, sollten sie die App weiterhin nutzen. Deshalb wurde das Thema ein Fall für die Justiz. Das Oberlandesgericht Frankfurt erklärte die Zwangsbindung an eine Taxizentrale für wettbewerbswidrig. Die Entscheidung in einem ähnlichen Prozess in Wien steht noch aus.

Seit März 2010 ist die App auf dem Markt, die Nutzungszahlen wachsen seitdem rapide. Mittlerweile kann sie deutschlandweit in mehr als 30 Städten eingesetzt werden, seit 2011 ist die Applikation auch im Ausland verfügbar. "Es ist uns ein Stück weit gelungen, mit dieser Applikation den Taximarkt zu revolutionieren", sagt Sprecherin Friederike Mewes. "Wir fördern den Wettbewerb, Kunden und Fahrer können flexibel entscheiden, welchen Weg sie für die Bestellung nutzen."

Etwas entspannter sieht die Lage auf dem Hamburger Taximarkt aus. Die größte Zentrale, Hansa-Taxi, verzeichnet nach eigenen Angaben wegen der App keine Einbußen. Die Bestellungen würden seit Jahren steigen, sagt Dirk Schütte, Vorsitzender des Vorstands von Hansa Funktaxi. Auch dort greift man mittlerweile auf neue Medien zurück. "Online-Bestellungen und die Hansa-Taxi-App sind inzwischen wichtige Bestandteile unserer Genossenschaftspolitik", so Schütte. "Etwa 550 der täglich rund 13 000 Aufträge gehen darüber bei uns ein."

In Hamburg nutzen derzeit rund 1300 Taxifahrer myTaxi und sind zufrieden. "Ein Kollege hat mir die App empfohlen. Mittlerweile habe ich selbst schon eine Handvoll Kollegen weitervermittelt", sagt Fahrer Andreas Lemke. "Für mich hat die App nur Vorteile: Ich bin nicht vertraglich gebunden, habe mehr Fahrten und konnte meinen Umsatz auf diesem Weg steigern. Wer über die Zentrale fährt, gibt monatlich um die 200 Euro ab. Aber mit myTaxi zahle ich bei derselben Fahrtenanzahl nur ein Drittel und kann meine Arbeitszeit effizienter gestalten."

Ein anderer Taxifahrer nutzt die App als eine von mehreren Quellen für seine Touren. "Etwa 20 Prozent des Umsatzes erwirtschafte ich mittlerweile mit myTaxi-Kundschaft", sagt Clemens Grün. "Mit den kommenden Features wie Favoritenfahrer und bargeldlosen Verrechnungstouren im Firmengeschäft erwarte ich mir schon dieses Jahr weitere Umsatzsteigerungen." Auch bei den Kunden kommt myTaxi gut an. 800 000-mal wurde die App bereits heruntergeladen. Dies motiviert die Betreiber von myTaxi, in den kommenden Monaten weiter zu expandieren. "In nächster Zeit erweitern wir unser Angebot für die Schweiz und gehen nach Barcelona", sagt Friederike Mewes. "Und dann soll es weitergehen in Europa, denn wir haben noch viel vor."