Arfa Karim war die jüngste Expertin des Softwarekonzerns Microsoft. In Pakistan ist sie einem Herzinfarkt erlegen

Redmond/Islamabad. Andere Mädchen in ihrem Alter träumen von einer Karriere als Sängerin oder Model. Arfa Karim, 16 Jahre alt, träumte davon, ein Digicon Valley aufzubauen: einen Ort, an dem junge Talente wie sie selbst aber aus ärmeren Verhältnissen die Chance erhalten, Informationstechnologie kennenzulernen und zu entwickeln. Mit den Silicon Valleys dieser Welt sollte dieser Ort es eines Tages aufnehmen können. Arfa Karim war kein typisches Mädchen, schon gar nicht in einem Land wie Pakistan.

Sie war ein Wunderkind und eine Berühmtheit, weit über die Grenzen ihres Landes bekannt. Wie sehr sie die Menschen bewegte, wurde am Sonntag bei ihrer Trauerfeier in der Al-Khalid-Moschee in Lahore deutlich. Prominente und Politiker versammelten sich dort, um von ihr Abschied zu nehmen. Am Sonnabend war Arfa Karim gestorben, nachdem sie bereits am 22. Dezember infolge eines epileptischen Anfalls einen Herzinfarkt erlitten hatte. Auf ihrer Facebook- und Twitter-Seite gehen noch immer Kondolenzbekundungen aus der ganzen Welt ein. Bill Gates sprach ihrem Vater persönlich sein Beileid aus, sie sei genial gewesen und ihr Tod ein großer Verlust für die Welt, wird er zitiert.

Letztlich war es der Microsoft-Gründer Gates, der Arfa Karim zu weltweitem Ruhm verhalf. Mit neun Jahren wurde sie die jüngste zertifizierte Softwareentwicklerin des Unternehmens. Doch ihre Talente waren vielfältig. Mit zehn Jahren machte sie ihren Pilotenschein und wurde zur jüngsten Hobbypilotin ihres Landes. Sie gab Interviews, nahm selbstbewusst an internationalen Konferenzen teil und wurde so auch zur Botschafterin eines Landes, das in Frauenfragen oft als rückständig gilt.

Arfa Karim hatte das Glück, in eine wohlhabende, westlich orientierte Familie geboren zu werden. Ihr Vater ist beim Militär und wie viele Militärs förderte er seine beiden Söhne genauso wie die erstgeborene Tochter. Arfa Karim war fünf Jahre alt, als sie in ihrem Kindergarten zum ersten Mal einen Computer sah. "Wenn man auf einen Knopf drückt, erscheint etwas Magisches auf diesem Kasten", erinnerte sie sich später an ihre ersten Eindrücke. Sie bettelte so lange, bis ihr Vater ihr einen dieser "Zauberkästen" kaufte. Doch statt für Computerspiele interessierte sie sich vor allem für Softwareprogramme wie Power Point.

Ihr Vater erkannte schnell das Talent seiner Tochter und überredete ein Computerinstitut, Arfa aufzunehmen. Dort erwarb sie schließlich 2006 in nur vier Monaten während der Sommerferien das Softwareentwicklerzertifikat. Wenige Monate später traf die damals Zehnjährige zum ersten Mal auf Bill Gates - und beeindruckte den Microsoft-Gründer. In Barcelona besuchte sie die Entwicklerkonferenz des Konzerns und wurde als eines der wichtigsten Nachwuchstalente vorgestellt.

Kein Ziel schien ihr unerreichbar: In Harvard studieren wollte sie später einmal, Mathematik und Satellitentechnologie. Es war eine Krankheit, die sie letztlich daran hinderte, noch Größeres zu erreichen: Seit Jahren litt Arfa Karim an Epilepsie.

Ihr Traum von einem Digicon Valley könnte vielleicht dennoch wahr werden: Freunde suchen auf der Facebook-Seite Arfa Karim's Digicon Valley nun nach Unterstützern für das Projekt.