Frankfurt. Zentralbank-Chef Jean-Claude Trichet hat die Banken für ihr Verhalten nach der Finanzkrise scharf kritisiert. "Die wären alle weg, wenn wir sie nicht gerettet hätten", sagte er der "Welt am Sonntag". Es sei daher völlig unverständlich, wenn die Manager glaubten, weitermachen zu können wie vor der Lehman-Pleite im Herbst 2008. Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) kritisierte exzessive Vergütungen, Bonuspakete und rein kurzfristig erzielte Gewinne, die keinen Bezug zur Realwirtschaft hätten. "Das ist mit unseren bestehenden demokratischen Grundwerten nicht vereinbar", sagte Trichet.

Erneut verteidigte Trichet die kritisierte Entscheidung der EZB, erstmals Staatsanleihen kriselnder Euro-Länder wie Griechenland, Portugal und Irland zu kaufen: "Die Situation war zu dramatisch. Europa war in diesem Moment das Epizentrum der Krise." Die Staatsfinanzierungskrise sei eingeleitet worden, als Deutschland und Frankreich vor sechs Jahren gegen den Stabilitäts- und Wachstumspakt verstoßen hätten, sagte Trichet: "Ich wünschte, die deutsche Öffentlichkeit hätte mit der gleichen Empörung auf den Bruch des europäischen Stabilitätspaktes 2004 reagiert wie auf unsere Entscheidung, Staatsanleihen zu kaufen."