Die Auftragsbücher der Flugzeugbauer sind noch gut gefüllt. Das gilt auch für Airbus. Hamburger Zulieferer sind verhalten optimistisch.

Hamburg. Kaum neigte sich die Krise im weltweiten Luftverkehr dem Ende entgegen, brachte die Vulkanaschewolke einen weiteren Rückschlag und die großen Flugzeugbauer Airbus und Boeing kämpfen noch immer mit Schwierigkeiten bei ihren neuen Produkten: Die morgen in Berlin-Schönefeld beginnende Internationale Luftfahrtausstellung (ILA) fällt in eine äußerst herausfordernde Zeit.

Zwar sehen sich die Fluggesellschaften tendenziell auf Erholungskurs. Aber der Abschwung des vergangenen Jahres hat sie empfindlich getroffenen. Ein Umsatzvolumen von 65 Milliarden Euro büßten die Airlines nach Berechnungen des internationalen Branchenverbands IATA allein im Jahr 2009 ein, das war etwa viermal so viel wie in der Zeit nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001. Sehr viele der Unternehmen schreiben weiter Verluste. Lufthansa und Air Berlin rutschten im ersten Quartal 2010 - also vor dem Vulkanausbruch - noch tiefer in die roten Zahlen als im gleichen Zeitraum des Krisenjahres 2009.

"Wir erwarten eine fortgesetzte Erholung des Luftverkehrs", sagte Angela Behrend-Görnemann, Leiterin des Transportfinanzierungsgeschäfts bei der HSH Nordbank, dem Abendblatt, "aber dabei gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Regionen der Welt - in Europa fällt die Erholung schwächer aus." Belastend für die Jet-Hersteller wirke sich jedoch ein anderer Faktor aus, so die Hamburger Branchenexpertin: "In früheren Krisen sind immer auch einige neue Fluggesellschaften auf dem Markt erschienen. Das war diesmal anders, weil die Eintrittsbarrieren für neue Airlines zu hoch waren." Dazu trug nicht zuletzt die gleichzeitige Finanzkrise bei.

Vor diesem Hintergrund rechnen beide großen Flugzeugbauer für 2010 noch nicht mit einem Aufschwung bei den Bestellungen. Airbus erwartet 250 bis 300 Aufträge, 310 waren es im Vorjahr, ohne Berücksichtigung von 39 Stornierungen. Doch bis Ende Mai konnten erst 81 Flugzeuge verkauft werden, während Boeing mit 139 Orders die Nase klar vorn hat. Man darf daher gespannt sein, ob es den Europäern gelingt, auf der ILA und der nachfolgenden Branchenmesse im britischen Farnborough vom 19. bis 25. Juli 2010 Anschluss zu finden.

Allerdings können die Hersteller weiter auf komfortable Auftragspolster, angesammelt in den Boomjahren 2005 bis 2007, bauen: Der europäische Flugzeugbauer Airbus hat noch immer mehr als 3300 Bestellungen abzuarbeiten, allein dies bedeutet Beschäftigung für mehr als sechs Jahre.

In den vergangenen Monaten haben die beiden führenden Flugzeugbauer sogar angekündigt, die Produktion zumindest bei ihren Basismodellen wieder auszubauen: Airbus hebt die Fertigungsrate für die A320-Typenfamilie im Dezember von derzeit 34 auf 36 Jets im Monat an, Boeing fährt beim Konkurrenzmodell 737 das Tempo von derzeit 31,5 Maschinen bis Anfang 2012 auf monatlich 34 Einheiten hoch.

Daher sind auch die Zulieferer inzwischen "verhalten optimistisch" gestimmt, wie der Vorsitzende des Hamburger Branchenverbandes Hanse-Aerospace, Uwe Gröning, dem Abendblatt sagte. Der Verband ist mit einem Gemeinschaftsstand auf der ILA vertreten, auch die Initiative Luftfahrtstandort Hamburg zeigt dort Flagge. Von den Mitgliedsfirmen sehr gut angenommen werde vor allem das Zuliefererforum auf der ILA: "Für Unternehmen, die ihre neuen Produkte vorstellen wollen, ist das genau der richtige Marktplatz."

Einen Marktplatz anderer Art bietet das sogenannte Karrierezentrum. "Auch hier hat das Interesse gegenüber der vorangegangenen ILA im Jahr 2008 stark zugenommen", sagte Wolfgang Rogall, Sprecher der Messe Berlin. Die Unternehmen würden sich des drohenden Fachkräftemangels immer bewusster: "In Deutschland sind allein 1200 Stellen für Ingenieure der Luft- und Raumfahrttechnik unbesetzt."

Mindestens ebenso heiß dürfte auf der Messe aber eine weitere Herausforderung diskutiert werden: Die Europäische Union bezieht den Luftverkehr beginnend mit dem Jahr 2012 in den Handel mit CO2-Emissionsrechten ein. "Das bringt den Fluggesellschaften erhebliche Mehrkosten", sagte Angela Behrend-Görnemann. Allerdings bedeute der Vorstoß der EU eine "einseitige Belastung der europäischen Region - zum Vorteil anderer wie etwa der Golfregion". Für eine globale Branche müsse es auch eine globale Regelung im Hinblick auf den Klimaschutz geben.

Umweltfreundlichere Technologien werden nach Angaben von Rogall schon angesichts der immer schärferen Regeln zu den bestimmenden Themen der diesjährigen ILA gehören. In einigen Punkten hebe sich die Messe, auf der 200 000 Besucher erwartet werden - zur Hälfte Fachpublikum -, deutlich von Konkurrenzveranstaltungen ab: "Keine andere Luftfahrtschau widmet sich so stark dem Thema Raumfahrt wie die ILA. Dabei wird auch der Nutzen für die Allgemeinheit dargestellt, etwa die Steuerung von Hilfsaktionen in Katastrophenfällen." Zudem sei die ILA auch die größte Hubschraubermesse in Europa.

Aber natürlich darf der Riesen-Airbus A380 nicht fehlen. Es werden drei dieser Giganten da sein, wenn auch nicht alle zur gleichen Zeit: einer von der Lufthansa, einer von Emirates und ein Testjet in Airbus-Farben.

Der US-Konkurrent Boeing jedoch hält sich in Berlin weiter zurück. Das Unternehmen konzentriert sich auf seine Präsenz bei der Luftfahrtmesse in Farnborough, ist diesmal nach langjähriger Abwesenheit aber zumindest mit einem Stand für das Rüstungs- und Raumfahrtgeschäft vertreten. Rogall sieht es positiv: "Wir freuen uns über diese Aufweichung der harten Linie."