Lenkungsausschuss tagt später. Thüringens Ministerpräsidentin will Machtwort der Kanzlerin

Hamburg. Das Bangen der Opel-Beschäftigten geht weiter: Die Bundesregierung vertagte eine für Freitag angesetzte Sitzung des Lenkungsausschusses über eine von der defizitären General-Motors-Tochter beantragte Milliardenhilfe auf kommende Woche. Hinter den Kulissen ging derweil das Tauziehen weiter. Opel-Betriebsratschef Klaus Franz sagte der Nachrichtenagentur Reuters: "Es laufen Gespräche auf höchster Ebene." Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht mahnte ein Machtwort von Kanzlerin Angela Merkel an, um das Blatt noch zugunsten staatlicher Hilfen zu wenden. "Ganz ohne Einfluss ist die Bundeskanzlerin auch nicht", sagte die CDU-Politikerin, in deren Bundesland Opel ein Werk unterhält.

Demonstration am Montag vor der Frankfurter Börse geplant

Bei einer Kundgebung am Montag wollen die IG Metall und der Opel-Betriebsrat vor der Frankfurter Börse für Staatshilfen zur Sanierung des Rüsselsheimer Autobauers demonstrieren.

Der mit Staatssekretären von Bund und Ländern und einem Vertreter des Kanzleramtes besetzte Lenkungsausschuss hätte am Freitag über den von Opel gestellten Antrag für eine Kreditbürgschaft von 1,1 Milliarden Euro beraten sollen. Die Regierung begründete die Absage der Sitzung mit terminlichen Schwierigkeiten. Das Treffen werde in der kommenden Woche nachgeholt, ein neuer Termin liege noch nicht fest, sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums. Aus gut informierten Kreisen hieß es, die Länder hätten Druck gemacht, um die Entscheidung noch beeinflussen zu können.

Zuletzt war die Front derjenigen in der Politik gewachsen, die Staatshilfen für Opel ablehnen. Angesichts der Beratungen über den Defizitabbau im Bundeshaushalt und der Schuldenkrise in Europa halten Kritiker Staatshilfen für Opel für nicht vermittelbar. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle hat wiederholt klargemacht, dass er eine staatliche Unterstützung von Opel skeptisch sieht, zumal der amerikanische Mutterkonzern General Motors (GM) wieder schwarze Zahlen schreibt. Der FDP-Politiker hatte angekündigt, er wolle nach den Beratungen des Lenkungsausschusses Ende dieser oder Anfang nächster Woche abschließend entscheiden. Die Kanzlerin hat sich bislang mit öffentlichen Äußerungen dazu zurückgehalten.

Lieberknecht sprach das Thema Staatshilfe nach Angaben der Staatskanzlei am Donnerstagabend gegenüber Kanzlerin Merkel an. Einzelheiten aus dieser Unterredung nannte eine Sprecherin allerdings nicht. Die von Thüringen für Opel gewährte Bürgschaft über 27 Millionen Euro sei ein Zeichen, das sie nun auch von der Bundesregierung erwarte, sagte Lieberknecht am Freitag dem Mitteldeutschen Rundfunk.

Betriebsrat fürchtet das Aus für mindestens zwei deutsche Werke

Opel-Betriebsratschef Franz hat davor gewarnt, dass GM ohne Staatshilfen "nach seiner Methode" sanieren werde - dann drohe für zwei der vier Werke in Deutschland das Aus. Der Konzern will europaweit bereits 8300 Arbeitsplätze streichen. Bei einer Schließung von Bochum und Eisenach könnte sich der in Deutschland ohnehin geplante Abbau von rund 4000 Stellen verdoppeln. Der Stammsitz in Rüsselheim und das Motorenwerk in Kaiserslautern gelten nicht als gefährdet.

Opel benötigt nach eigenen Angaben 3,7 Milliarden Euro für die Sanierung. Daran will sich GM mit Krediten und Eigenkapital von 1,9 Milliarden Euro beteiligen. Damit benötigt Opel noch 1,8 Milliarden Euro an Staatshilfe von Staaten mit Opel-Standorten. Mit gut einer Milliarde soll der größte Brocken auf Deutschland entfallen.