Vier Unternehmen aus der Hansestadt spielen im Milliardengeschäft der Fußball-Weltmeisterschaft mit. Wir stellen sie vor.

Hamburg. Wenige Minuten vor dem ersten Ballkontakt eines deutschen Nationalspielers bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika wird ein Millionenprojekt mit Hamburger Wurzeln in die Wohnzimmer der Deutschen flimmern. Die Kameras des ZDF werden am 13. Juni über Durban fliegen, den Spielort der deutschen Elf vorstellen, Straßen und Strände filmen und ein neues Wahrzeichen der Hafenstadt am Indischen Ozean ins Objektiv nehmen: das Moses-Mabhida-Stadion. Dort wollen Kapitän Michael Ballack und Co gegen Australien auf dem Rasen den ersten Sieg feiern. Unter einem 340 Meter langen und 105 Meter hohen Bogen, der das Grün überspannt sowie das Profil der zweitgrößten Metropole des Landes prägt - und den Bogen an die Elbchaussee schlägt. Das Architekturbüro von Gerkan, Marg und Partner (gmp) entwarf die Arena, die 70 000 Plätze bietet und umgerechnet etwa 310 Millionen Euro gekostet hat. Die Othmarschener sind damit eines von vier Unternehmen aus der Hansestadt, die im Milliardengeschäft Fußball-WM im Spiel sind.

Auf drei Milliarden Euro werden die Investitionen des Kapstaates in die Sportbauten beziffert. Hinzu kommen 20 Milliarden Euro für den Ausbau der Infrastruktur wie Schienen- oder Telefonnetz. Davon haben deutsche Firmen Aufträge für rund 1,5 Milliarden Euro erhalten, sagt Heiko Schwiderowski, Afrika-Referatsleiter beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag. 15 000 Arbeitsplätze würden sie so in der Bundesrepublik sichern. Die deutsche Nummer eins heißt Siemens. Für eine Milliarde Euro bauen die Münchner die Energieversorgung aus, unter anderem mit zwei neuen Kraftwerken.

Von Gerkan, Marg und Partner - die Stadionbauer aus Othmarschen

Die Hingucker des WM-Engagements "made in Germany" werden die Projekte von gmp Architekten sein. Denn die Hamburger waren nicht nur in Durban, sondern auch für den Stadionbau in Port Elizabeth (Nelson Mandela Bay Arena, 46 000 Plätze, Baukosten 170 Millionen Euro) und Kapstadt (Green Point Stadion, 68 000 Plätze, Baukosten 450 Millionen Euro) verantwortlich. An diesen drei Orten habe das Unternehmen seine Ideen vorgestellt, dreimal sei der Wettbewerb gewonnen worden, sagt Architekt Hubert Nienhoff. "Unsere besten Referenzen für die Aufträge waren die drei Arenen in Berlin, Frankfurt und Köln, die wir für die WM 2006 geplant und umgesetzt hatten", sagt der CEO und Partner bei gmp.

Hilfreich sei dabei gewesen, bereits Jahre vor dem Zuschlag Südafrikas für das Turnier Kontakte mit potenziellen lokalen Partnern geknüpft zu haben. Denn wer in dem Kapstaat einen Auftrag erhalten will, der sollte mit während der Apartheid benachteiligten ethnischen Gruppen zusammenarbeiten ("Black Economic Empowerment"-Regelung). Im November 2005 gründete gmp in Kapstadt eine Niederlassung. Mit zwölf Mitarbeitern verfolgte Nienhoff vor Ort die Baufortschritte. Das Büro ist mittlerweile geschlossen, viele Freundschaften sind geblieben. "Die Zusammenarbeit lief ohne große Probleme ab", sagt Nienhoff: "Ich freue mich jetzt auf die Spiele, die in Stadien ausgetragen werden, die von unserem Team aus Südafrikanern und Deutschen geplant wurden."

PRG - die Veranstaltungstechnikeraus Billbrook

Wenn die Partien im TV gezeigt werden, wird ein weiteres Hamburger Unternehmen im Hintergrund wirbeln. Stars wie Lionel Messi setzt PRG fürs Fernsehen ins rechte Licht. Die Billbrooker, die bis zum Jahreswechsel als Procon firmierten und dann von der US-Firma Production Resource Group (PRG) übernommen wurden, sind seit 22 Jahren als Veranstaltungstechniker bei Großereignissen wie Olympia oder dem Eurovision Song Contest dabei. "Diese Referenzen waren ausschlaggebend für die Aufträge", sagt PRG-Geschäftsführer Morten Carlsson. Nun sorgen sie in allen Arenen für die Beleuchtung in Interviewzonen und bei Pressekonferenzen. Zudem rüsten sie die VIP-Zelte mit Licht und Ton aus.

Die ersten der 30 bis 40 Container mit rund 300 bis 400 Tonnen Technik sind auf dem Seeweg bereits unterwegs. "Videowände, Scheinwerfer und Lautsprecher sind zwar auch vor Ort vorhanden, aber nicht in diesen Mengen", sagt Carlsson. Von den 240 Mitarbeitern an Alster und Elbe werden rund 30 kurz vor Turnierbeginn nach Südafrika fliegen. Zudem arbeiten bereits zwölf Mitarbeiter in Kapstadt. Für die Tochtergesellschaft Cinegate, die für Werbespotproduktionen das Equipment liefert.

Ein Großauftrag sei die WM allerdings nicht, räumt Carlsson ein. Schließlich seien die Stadien schon sehr gut mit Lichtanlagen ausgerüstet. "Die Expo in Shanghai braucht ungefähr 50-mal so viel Technik", sagt Carlsson. Einen Umsatz im zweistelligen Millionenbereich erwartet er dort, bei der WM werde es deutlich weniger sein. Die Höhe ließ er offen, weil noch immer kurzfristig Aufträge vergeben würden. "Je dichter das Ereignis rückt, umso besser für uns", sagt Carlsson. Schnell könne PRG weitere Container mit Technik füllen - weil der Seeweg rund vier Wochen dauert, müssten die allerdings nun mit dem Flugzeug nach Südafrika gelangen.

Sportfive - die Ticketvermarkter aus Hammerbrook

Aus der Luft werden die Kunden von Sportfive auf dem Kontinent landen. Die Sportrechteagentur vermarktet europaweit die VIP-Tickets und kümmert sich auch um Flug, Hotel, Transport und Ausflüge wie Safaris. "Seit klar ist, wo und gegen wen Deutschland bei der WM spielt, ist das Geschäft sehr gut angelaufen", sagt Geschäftsführer Philipp Hasenbein. Rund 5000 Tickets für Logen und Businessseats seien zwischen Flensburg und Friedrichshafen verkauft worden. Die zweitstärkste Nachfrage - nach Frankfurt - gebe es in und um Hamburg. Ein Fünf-Tages-Trip nach Durban mit dem Turnierauftakt der deutschen Elf kostet beispielsweise ab 3490 Euro.

Im April 2008 haben die Hammerbrooker vom Fußballweltverband Fifa den Auftrag erhalten. Ausschlaggebend seien die Finanzkraft des Mutterkonzerns Lagardère, das große Vertriebsnetzwerk und der Status als weltweit führender Fußballvermarkter gewesen, sagt Hasenbein. Immerhin vermarktet die Gruppe mehr als 30 Fußballverbände und 250 Vereine, darunter den HSV. Allein in der Bundesliga sei man für den Vertrieb von mehr als 450 000 VIP-Tickets zuständig. "Daher ist die WM für uns zwar eines der hochwertigsten Produkte in unserem Portfolio, aber im Verhältnis auch nur ein gutes Zusatzgeschäft", sagt Hasenbein. Vom Jahresumsatz mache das Turnier einen Betrag im unteren einstelligen Prozentbereich aus. Zwei Wochen vor Turnierbeginn werden 40 der 250 Mitarbeiter aus Hamburg gen Süden abheben. "Unsere Mitarbeiter freuen sich sehr auf den Einsatz in Südafrika", sagt Hasenbein und ist sicher, dass alle mit einmaligen Erlebnissen zurückkehren werden - auch wenn er anfügt. "Es ist kein unbezahlter Urlaub, da viel zu tun sein wird."

FahnenFleck - die Flaggenmacheraus der Neustadt

Viel zu tun hatten die 60 Mitarbeiter von FahnenFleck zuletzt nicht. Kurzarbeit war angesagt, nachdem 2009 beim Traditionsbetrieb mit dem Geschäft am Neuen Wall (Neustadt) der Umsatz um rund 50 Prozent auf vier Millionen Euro gesunken ist. "Ich bin sehr optimistisch, dass wir noch in diesem Jahr zurück zur vollen Auslastung der Produktion kommen", sagt Geschäftsführer Jörgen Vogt, der die Kurzarbeit schon zurückfahren konnte. Neben der anziehenden Konjunktur in Deutschland begründet er das mit der Hoffnung auf gute Geschäfte in Afrika. Dort ist das 1882 in Hamburg gegründete Unternehmen seit 1958 aktiv. Mit Blick auf das Fußballturnier wurde 2007 dann eine eigene Tochtergesellschaft gegründet. Vogt: "Mit größeren Aufträgen wollen wir unser langfristiges Engagement als Produzent in Südafrika sichern und von dort den afrikanischen Markt beliefern."

Rund 15 Prozent des Umsatzes in diesem Jahr sollen in Ländern wie Südafrika, Angola, Kongo und Mocambique erzielt werden - nicht zuletzt dank der Kontakte, die der südafrikanische Mitgesellschafter Herman Bailey hat. "Er war Minister unter Nelson Mandela und ist Berater von Präsident Jacob Zuma", sagt Vogt. Bailey und Vogt führen zusammen FahnenFleck South Africa mit vier Vertriebsmitarbeitern. Derzeit werde mit der angolanischen Polizei über einen Auftrag für Flaggen und Uniformteile verhandelt. Direkt mit der WM hofft Vogt, drei bis fünf Prozent des Umsatzes zu erzielen. Vogt: "Fahnen mit Sondermotiven sind unsere Geschäftstreiber." Firmen oder Veranstalter von Fanfesten seien die Abnehmer.

In Südafrika sind es "viele kleine Aufträge", die das nun in Pinneberg ansässige Unternehmen erhielt. So werden Lichtmasten und Fanfeste beflaggt, in einem Joint Venture Aluminiummasten produziert, aufgestellt und auch gewartet. Verhandelt werde derzeit noch mit dem Bildungsministerium über die Lieferung von bis zu einer Million Nationalflaggen. "Der Plan der Regierung sah vor, dass jedes Kind eine Flagge in der Hand halten soll", sagt Vogt. Für einzelne Städte habe FahnenFleck die Aufträge bereits erhalten, gerade seien Container mit rund 20 000 Stück auf die Reise geschickt worden.

Viele Entscheidungen würden die Südafrikaner allerdings erst sehr spät treffen. Vogt: "Ich war Anfang April in Südafrika - in den Städten hängt nicht ein Hinweis auf die WM." Aufgefallen ist ihm in Durban aber ein neues Element in der Architektur, das aus Hamburg stammt: "Das Moses-Mabhida-Stadion sieht sehr beeindruckend und futuristisch aus. Es katapultiert die Stadt in die Moderne."