Commerzbank-Vorstand Markus Beumer verteidigt den Verzicht auf Eigenhandel. Kredite für Firmen sind schwieriger zu bekommen.

Hamburg. In der Wirtschaft wächst die Angst vor einer Kreditklemme in diesem Jahr. Das Abendblatt sprach darüber mit Markus Beumer, Vorstandsmitglied der Commerzbank, die sich aktuell mitten in der Fusion mit der Dresdner Bank befindet.

Hamburger Abendblatt:

Besteht die Gefahr, dass fehlende Kredite bald den Aufschwung abwürgen?

Markus Beumer:

Rein statistisch gesehen gibt es keine Kreditklemme. Ich kann aber verstehen, dass jeder Unternehmer, der Schwierigkeiten hat, ein Darlehen zu bekommen, dies anders empfindet. Die Sorge ist ja auch nicht völlig irreal. Denn als Folge der Finanzmarktkrise steigen die Anforderungen an die Eigenkapitalausstattung der Banken, was die Fähigkeit zur Kreditvergabe einschränken kann. Und auf der anderen Seite haben sich die Geschäftsergebnisse vieler Unternehmen für das vergangene Jahr so verschlechtert, dass nur auf Basis des Ratings, also der Kreditwürdigkeitseinstufung, kein Darlehen vergeben werden sollte.

Um wie viel können Darlehen wegen der schlechteren Ratings teurer werden?

In wenigen Ausnahmen um 1,5 bis zwei Prozentpunkte. Dazu muss aber gesagt werden, dass die Finanzierungskosten für den Großteil der Unternehmen nur eine untergeordnete Rolle spielen und zum Beispiel weit hinter den Ausgaben für Rohstoffe rangieren. Speziell in Deutschland aber ist man wegen des besonders intensiven Wettbewerbs im Bankensektor nicht so sehr daran gewöhnt, dass Kredite auch einmal teurer werden. Man hat Kredite bislang nicht als knappes Gut angesehen.

In der Branche heißt es, die Commerzbank könne den Wettbewerbern dank der Staatshilfen mit Kampfkonditionen Marktanteile abjagen. Stimmt das?

Nein, das tun wir nicht. Richtig ist, dass wir durch die stille Einlage des Staates an Risikotragfähigkeit gewonnen haben, was uns im schwierigen Jahr 2009 geholfen hat. Aber wir haben im vergangenen Jahr im Mittelstandsgeschäft trotz der Krise eine Eigenkapitalrendite von mehr als zehn Prozent erzielt. Das wäre nicht mit Kampfkonditionen möglich gewesen. Der Preisdruck geht eher von staatlichen oder öffentlichen Wettbewerbern aus, die keine Renditevorgaben erfüllen müssen.

Ist es nicht so, dass gerade einige Landesbanken - wie im Norden die HSH Nordbank - wegen ihrer hohen Verluste das Geschäft stark eingeschränkt haben?

Ja, das haben wir gespürt. Aber in letzter Zeit versuchen einige Landesbanken, im Zuge einer Rückbesinnung auf das Kerngeschäft wieder bei Firmenkunden Fuß zu fassen, manchmal mit sehr herausfordernden Konditionen.

Warum aber musste die Commerzbank für 2009 einen Verlust von 4,5 Milliarden Euro verbuchen, während Konkurrenten wie die Deutsche Bank schon wieder Milliardengewinne melden?

Es gibt verschiedene Gründe dafür, warum wir etwas länger brauchen. Einer davon sind die Kosten für die Fusion mit der Dresdner Bank. Vor allem aber haben wir das Eigenhandelsgeschäft im Investment Banking radikal eingestellt und in diesem Bereich die Hälfte der Mitarbeiter abgebaut. Gerade hier wären im zweiten Halbjahr 2009 fulminante Erträge möglich gewesen, aber wir sind nicht schwach geworden. Unser kundenorientiertes Geschäft kennt solche extremen Ausschläge nach oben nicht. Ein Blick auf das erste Quartal 2010 zeigt übrigens, dass auch das Investment Banking wieder schwarze Zahlen schreibt.

Hat die Commerzbank durch die Fusion Firmenkunden verloren?

Das hatten wir tatsächlich einkalkuliert. Aber wir sehen, dass es keine solchen Einbußen gibt. Zudem waren die beiden Banken regional nicht überall gleich stark vertreten - hier in Hamburg etwa war die Commerzbank stärker. Je nach Region haben wir bundesweit in der neuen Aufstellung einen Marktanteil zwischen 13 und 20 Prozent. Im Norden und im Westen bewegen wir uns am oberen Rand der Spanne, im Süden eher am unteren.